Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

68 Das Verordnungsrecht des Kaisers und des Bundesrathes. 
zu. Ihre Sache war es die zur Ausführung der Gesetze er- 
forderlichen Verordnungen zu erlassen. Dies galt grundsätz- 
lich von allen Vollzugsverordnungen, nicht aber in gleicher 
Weise von den gesetzvertretenden Verordnungen. Denn wenn 
auch die Einzelstaaten berufen und berechtigt waren, sei es 
im Wege der partikularen Gesetzgebung oder in dem der 
Verordnungen Ergänzungen der Bundesgesetze, die diese nicht 
selbst bewirkt hatten, zu treffen, so war doch auf der andern 
Seite der Bund berechtigt, innerhalb seiner Kompetenzen das 
Mass der gesetzlichen Spezialisirung soweit zu erschöpfen, dass für 
gesetzvertretende Ausführungsverordnungen der Einzelstaaten 
kein Raum mehr übrig blieb. Gerade dieser Umstand liess ohne 
Verletzung der verfassungsmässigen Grenzen eine Entwickelung 
frei, die den Organen des Bundes im Wege besonderer gesetzlicher 
Ermächtigungen das Recht beilegte, was die Verfassung unmittel- 
bar nicht regelte, das Recht zu gesetzvertretenden Verordnungen. 
Eine unmittelbare Regelung des Verordnungsrechtes trafen 
die Verfassungsentwürfe nur auf den Gebieten, auf welchen 
über die grundsätzlichen Feststellungen des Artikel 4 hinaus 
und nach Massgabe der Abschnitte VI bis XI weitergehende 
Kompetenzen des Bundes begründet wurden. Hier stossen 
wir auf Verordnungsrechte theils des Präsidiums, theils des 
Bundesrathes, aber beide waren in besonderer Weise gestaltet. 
I. Dem Präsidium, König von Preussen, Bundesfeldherrn, 
waren Verordnungsrechte eingeräumt auf dem Gebiete des 
Post- und Telegraphenwesens, der Kriegsmarine, des Bundes- 
kriegswesens. Da aber nach der mit grösserer oder geringerer 
Klarheit durchgearbeiteten Auffassung der Entwürfe alle drei 
Bezeichnungen Identisches bedeuteten, da sie immer nur hege- 
monische Rechte des preussischen Staates über die Bundes- 
staaten verfassungsmässig begründeten, so konnte auch dieses 
Verordnungsrecht nur ein preussisches sein, welches unter der 
Verantwortlichkeit der preussischen Ministerien stand und dem 
nur die preussischen Formen des Erlasses und der Insinuation 
oder Verkündigung zu Gebote standen. Damit aber bedurfte 
die Schwierigkeit einer Lösung, in welcher Weise die Rechts-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.