Schlussbemerkung.
Aus den vorstehenden Erörterungen ergiebt sich, dass
selbst in der kurzen Spanne Zeit, die seit den Anfängen eines
einheitlichen Staatslebens in Deutschland verflossen ist, und
dass selbst innerhalb des scheinbar feststehenden Rahmens
der Verfassungsurkunde, sich eine nicht abgeschlossene, nur
an einzelnen Punkten schon befestigte Entwickelung in der
organisatorischen Anlage der deutschen Verfassung vollzogen hat.
Das ist die Gefahr des deutschen Staatsrechts.
Es kann den Anspruch nicht aufgeben, in eigener, streng
juristischer Methode die Erscheinungen der Gegenwart wissen-
schaftlich zu erfassen. Es darf nicht zum Advokaten der po-
litischen Strömung des Augenblickes werden. Und doch muss
es sich bescheiden, den Ergebnissen seiner wissenschaftlichen Er-
örterungen nicht überall die gleiche Festigkeit zuzuschreiben,
die das Staatsrecht alt begründeter und sicher ausgestalteter
Verfassungsstaaten beansprucht. Es muss seiner Natur nach
jeder Zeit nach systematischem Abschlusse trachten. Und doch
darf es die mannichfachen Widersprüche, Unebenheiten und
Unfertigkeiten des deutschen Verfassungsrechtes nicht ver-
decken, denn damit werden nur zu leicht die Keime und An-
sätze verdeckt, die einer reiferen Ausgestaltung der organischen
und konstitutionellen Grundlagen des Reiches entgegenstreben.
Druck von Pöschel & Trepte in Leipzig.