Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

§ 48. Die Bundesstaaten und das Heer u. s. w. 495 
gewirthschaftet wird. Unter der Voraussetzung, daß Bayern seine Truppen so 
vollzählig hat und so ausrüstet, verpflegt u. s. w. wie die übrigen Reichstruppen, 
kann Bayern thatsächlich aber nur dann Ersparnisse machen, wenn solche auch 
wahrscheinlich im Reiche gemacht werden. Die im Reiche gemachten Ersparnisse 
kommen Bayern nicht zu Gute; zum Mindesten hat Bayern hierauf keinen Anspruch. 
Verbraucht Bayern für seine Truppen mehr, als dafür im Reichsetat aus- 
gewiesen ist, so ist anzunehmen, daß auch bei den Ausgaben für das übrige Reichs- 
heer der Etat überschritten wird. Ich nehme an, daß in einem solchen Falle Bayern 
einerseits keinen Anspruch an das Reich wegen der von ihm verwandten Mehrkosten 
hat und daß andererseits das Reich nicht verlangen kann, daß Bayern einen Theil 
des Deficits beim Militäretat decken muß. Seydel, Bayerisches Staatsrecht, III, 
S. 716, und Commentar, S. 346, nimmt dagegen an, daß Bayern in keinem Falle 
verpflichtet ist, Zuschüsse aus Landesmitteln für seinen Militäretat zu verwenden. 
Ist dies richtig, so müßte man folgerichtig behaupten, daß Bayern auch für den 
Fall eines etwaigen Deficits beim Reichsmilitäretat antheilig mitzutragen hat #. 
Gegen die Seydellsche Ansicht spricht, daß die bayerische Heeresverwaltung in 
finanzieller Hinsicht selbstständig sein soll. In der Sache kommen beide Ansichten 
fast genau zu dem nämlichen Endergebniß. Können in Bayern Ersparnisse gemacht 
werden, so muß dies auch im Reiche geschehen — da Verpflegung u. f. w. gleich 
find —, entsteht in Bayern ein Deficit, so wird auch im Reiche ein solches ein- 
treten. Ob nun Bayern sein Deficit allein zu tragen und andererseits für das Reichs- 
deficit nicht beizutragen hat, kommt im Rechnungseffect auf das Gleiche hinaus, als 
ob es sein Deficit nicht zu tragen braucht und andererseits für das Reichsdeficit mit 
aufkommen muß. Consequent vom juristischen Standpunkte ist jedoch nur die erstere 
Auffassung. 
Gewiß ist endlich, daß zwar die bayerischen Bundesrathsmitglieder an der 
Berathung und Feststellung des Reichsmilitäretats in allen seinen Einzelheiten 
mitwirken, daß aber die Specialetats im Etat — zwar für Württemberg, aber — 
nicht für Bayern mit festgesetzt werden 2. Thatsächlich haben auch die Specialetats 
insoweit Bedeutung, als Bayern verpflichtet ist, unter der Aufsicht des Kaisers voll- 
ständige Uebereinstimmung in seiner Heeresverwaltung mit derjenigen der übrigen 
deutschen Truppen zu bewahren. 
Ob über den bayerischen Heeresetat jährlich in Bayern ein Gesetz erlassen werden 
muß, wie dies die Praxis ist?, hängt lediglich vom bayerischen Staatsrechte ab. 
Dem Reiche ist es gleich, ob die Krone Bayern über die Einzelverwendung des ihm 
überwiesenen Geldbetrages sich mit dem Landtage benimmt. 
Es ist sodann im Bündnißvertrage mit Bayern weiter bestimmt (III, § 5, 1): 
„Die Artikel 61 bis 68 (der Reichsverfassung) finden auf Bayern keine Anwendung. 
An deren Stelle treten folgende Bestimmungen: I. Bayern behält zunächst seine 
Militairgesetzgebung nebst den dazu gehörigen Vollzugs--Instruktionen, Verordnungen, 
Erläuterungen 2c. bis zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung über die der Bundes- 
gesetzgebung anheim fallenden Materien, resp. bis zur freien Verständigung bezüglich 
der Einführung der bereits vor dem Eintritte Bayerns in den Bund in dieser 
Hinsicht erlassenen Gesetze und sonstigen Bestimmungen.“ Als Lasker zu dieser 
Nummer I bemerkte", daß fie dunkel sei, erläuterte Delbrück ihren Sinn dahin, 
daß Reichsgesetze durch Reichsgesetzgebung, Reglements und administrative Ein- 
richtungen dagegen nur im Wege der Verständigung in Bayern eingeführt werden 
können. Diese Erläuterung wird von Seydelk bekämpft, indeß nicht mit Recht. 
Zweifellos konnte die preußische Militärgesetzgebung nicht auf Grund Art. 61 im 
Verordnungswege in Bayern eingeführt werden. Auch ist Bayern nicht auf Grund 
der Vorschrift in Art. 63, Abs. 5 verfassungsmäßig verpflichtet, preußische Heeres- 
  
——— — — ——— —— 
1 Vgl. andererseits Seydel, Comm., S. 347. ein Gesetz für nicht nöthig erachten. 
2 Vgl. auch Delbrück, in der II. außer- 4 Sten. Ber. S. 146 der II. außerordentl. 
ordentl. Session 1870, Sten. Ber. S. 146. Session des Reichstages 1870. 
2* Val. Riedel, Die Reichsverfassungsurkunde, 5 Comm., S. 334. 
S. 146, und Seydel, Comm., S. 347, welche
	        
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