im laufenden Rechnungsjahr für die in Südwestafrika kämpfenden
Truppen. In der Kommission kam es zu keiner Einigung. Das
Zentrum bestand auf einem Abstrich von 8 Millionen Mark von der
beantragten Summe und verlangte außerdem eine Bestimmung,
nach der die Truppenstärke auf dem Kriegsschauplatz vor völliger
Einstellung der Operationen von einem bestimmten Termin ab
auf 2500 Mann heruntergesetzt werden sollte. Die zweite Lesung
im Plenum verlief unter größter Spannung. Unter Berufung auf
militärische und zivile Gutachten, daß die geforderte Truppenstärke
für die völlige Niederwerfung des Aufstandes unerläßlich sei, er-
klärte der Kanzler gleich bei Beginn der Debatte, ein Zurückschrecken
vor dem letzten Opfer komme einer nationalen Versündigung gleich
und einen solchen Beschluß, eine solche Kapitulation werde er nicht
unterschreiben. Diese ungewöhnlich scharfe Sprache wurde von den
Führern des Zentrums als Brüskierung empfunden, die keinen Ver-
such einer Verständigung mehr aufkommen ließ. Fürst Bülow
richtete unmittelbar vor der Abstimmung noch einen Appell in kurzen
drastischen Sätzen an das Haus: „M. H., da draußen stehen unsere
Soldaten, das sind Deutsche, die haben gekämpft, die haben An-
strengungen erduldet, die sind im Begriff, die letzten Reste des Geg-
ners niederzuringen; sollen sie zurück, weil die Regierung aus Klein-
mut, aus Scheu, aus parlamentarischen oder Parteirücksichten ihr.
Heldenmut vor dem Feinde in Stich läßt? Man hat mir das alberne
Wort in den Mund gelegt: nur keine inneren Krisen. Wenn Sie
wollen, haben Sie die Krisis. Vor wenigen Minuten hat man mir
das Gerücht zugetragen, ich gäbe nur Direktiven der obersten Stelle
nach, der Guerillakrieg in Südwestafrika sei eine Art militärischer
Sport. Niemand drängt mich, niemand schiebt mich. Ich brauche
keine Direktive, um zu erkennen, daß hier nationale Notwendig-
keiten vorliegen, und um danach zu verfahren.“ Düsteres Schwei-
gen im Zentrum, stürmischer Beifall bei den anderen bürgerlichen
Parteien, Zischen bei den Sozialdemokraten.
Bei der Absiimmung wurde ein freisinniger Vermittlungs-
versuch mit 175 gegen 171 Stimmen, darauf die Regierungsvorlage
mit 177 gegen 168 Stimmen abgelehnt. Sogleich zog der Kanzler
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