polnisch sprechen, wenn sie nur begonnen hätten, allmählich nicht
mehr deutschfeindlich zu fühlen und zu denken. Wieviel ist aber in
Schule und Verwaltung geschehen, was in dem polnischen Bevölke-
rungsteil den Eindruck abstoßender Unterdrückung machen mußte
und den großpolnischen Agitatoren in die Hände arbeitete!
Amtlich habe ich mich niemals mit der Ostmarkenfrage zu be-
schäftigen gehabt. Ich konnte mich darauf berufen, daß ich nach
dem ÖOsten hin nicht über Küstrin hinausgekommen war und mir
folglich das Haupterfordernis für ein Mitreden mangelte, nämlich
die Kenntnis von Land und Leuten. Unter Volksteilen von ver-
schiedener Sprache und Nationalität Versöhnung zu stiften, ist eine
vorwiegend volkspsychologische Aufgabe, bei deren Lösung es mehr
auf den Augenschein als auf Hörensagen ankommt. Erst in den
Jahren nach Bülows Rücktritt führte mich mein Weg öfters zur
Zeit der Hühnerjagd nach einer von Polen bewohnten Gegend der
Provinz Posen. Auf einer Fahrt über Land fiel mir ein auf freiem
Felde stehendes, wie es schien unbenutztes Lehmgebäude auf. Auf
meine Frage nach der Bestimmung des Gebäudes gab mir der Guts-
beamte, mit dem ich fuhr, ein Deutscher aus Schlesien, folgende
Auskunft: „Darin steckt ein Stück Ostmarkenpolitik.“ „Wieso?“
„Ein polnischer Bauer aus dem Dorf da drüben wollte hier auf seinem
Grund und Boden für einen seiner Söhne, der heiraten wollte, einen
Hof bauen, dazu gehörte neben der Scheune ein kleines Wohnhaus. Die
Errichtung einer Feuerstelle ist jedoch genehmigungspflichtig, und
die Erlaubnis wurde versagt.“ „Das wird wohl ein Ausnahmefall
gewesen sein.“ „Nein, ganz und gar nicht, die Absicht von oben
ist ja gerade, mit der besonderen Genehmigungspflicht neuer Feuer-
stellen die Ansiedelung polnischer Bauernsöhne zu verhindern. In
Tausenden von Fällen ist ebenso verfahren worden. Sie können sich
denken, wie erbitternd solche Eingriffe in die natürlichen Rechte des
Besitzers und Familienvaters auf die ebenso empfindliche wie be-
triebsame Bevölkerung der polnischen Dörfer wirken muß. Wenn
doch die deutsche Verwaltung vernünftiger wäre und von solchen
Schikanen abließe!“ Ein solches Bild sagt mehr als lange Er-
örterungen.
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