Full text: Um den Kaiser.

IV. Das Ende der Politik der zwei Eisen 
Für den Herbst 1907 stand ein Wechsel in der Leitung des 
Auswärtigen Amts bevor. Der Staatssekretär v. Tschirschky, 
steif und unbeholfen im Verkehre mit dem Parlament, sehnte sich 
nach einem Posten, auf dem er mit größerer Ruhe seine diplo- 
matischen Fähigkeiten entwickeln konnte. Die Gelegenheit, seinen 
Wunsch zu erfüllen, ergab sich, als der Botschafter Graf Wedel in 
Wien ausersehen wurde, an Stelle des Fürsten Hohenlohe-Langen- 
burg Statthalter in den Reichslanden zu werden. Diese Wahl war 
eine gute Wahl. Graf Wedel, zugleich General und Diplomat, be- 
saß große Würde ohne Aufspielerei, Ernst ohne Schroffheit und hat 
sein schwieriges Amt mit wohlwollendem Verständnis für die 
elsaß-lothringische Bevölkerung, auch zur Zeit des JZaberner Kon- 
Fliktes zwischen Militär und Zivil, geführt. Die Botschaft in Wien 
erhielt Herr v. Tschirschhy. Für den Posten des Staatssekretärs 
im Auswärtigen Amt kamen drei Diplomaten in Betracht, der 
Gesandte in Bukarest v. Kiderlen, der für den fähigsten politischen 
Kopf unter den deutschen Diplomaten galt, der geschäftsgewandte 
Unterstaatssekretär v. Mühlberg und der Botschafter v. Schön in 
Petersburg. Kiderlen, einst, als er noch vortragender Rat im 
Auswärtigen Amt und dann Gesandter in Hamburg war, der siän- 
dige Begleiter des Kaisers auf Reisen, war seit langem in Ungnade 
gefallen, weil sein Witz gelegentlich auch höchste Personen nicht ge- 
schont hatte. Er war so verklatscht worden, daß der Kaiser wieder- 
holt den Gedanken, Kiderlen an die Spitze des Auswärtigen Amtes zu 
berufen, mit der Begründung abwies, es sei ihm unmöglich, wieder 
persönliche Beziehungen mit ihm anzuknüpfen, er habe aber nichts 
* 35
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.