derholten Malen mehr oder weniger deutlich zu erkennen gegeben,
daß neue deutsch-französische Händel wegen Marokko die deutsch-eng-
lischen Bemühungen für ein besseres gegenseitiges Verhältnis un-
günstig beeinflussen würden. In Marokko selbst reihte sich ein stö-
render Zwischenfall an den anderen. Erst Ermordung eines franzö-
sischen Arztes in Marrakesch, dann Angriffe von Kabylen in der Ge-
gend von Casablanca, wobei französische und spanische Hafenarbeiter
getötet wurden und bei der Münderung der Stadt auch deutsche
Kaufleute zu Schaden kamen, weiter ein neuer Thronstreit zwischen
dem Sultan Abdul Asis in Fez und seinem aufständischen Bruder
Mulay Hafid in Marrakesch. Zu diesen Ereignissen in Marokko,
die ebensoviel Gelegenheiten zu neuen Reibungen zwischen Berlin
und Paris boten, kam im Herbst gos noch ein scharfer Kompetenz=
streit zwischen dem Befehlshaber der französischen Okkupationstrup=
pen, General O'Amade und dem deutschen Konsulat in Casablanca
hinzu, der leicht eine ernste Spannung zwischen den beiderseitigen
Regierungen hervorrufen konnte. Die französische Hafenpolizei hatte
sich nämlich dreier deutscher Fremdenlegionäre, die sich unter dem
Schutze des deutschen Konsuls befanden, auf ihrem in Begleitung
eines Konsulatosoldaten vorgenommenen Transport nach dem Hafen
mit Gewalt bemächtigt. Die deutsche Regierung verlangte ein Be-
dauern wegen des Eingriffes in die Funktionen des Konsuls und er-
klärte sich bereit, die übrigen Verstöße gegen völkerrechtliche Re-
geln — auch auf deutscher Seite lag der Fehler vor, daß der Konsul
neben den drei deutschen Deserteuren auch einen russischen und einen
österreichischen Fremdenlegionär unter seinen Schutz genommen hatte
— einem Schiedsgericht zu unterwerfen.
Während des ganzen Verlaufs des Marokkostreites bildete
die französische Ansicht, daß Frankreich ein europäisches Mandat
zur Regelung der marokkanischen Angelegenheiten besitze oder doch be-
anspruchen dürfe, den Drehpunkt des deutsch-französischen Gegen-
satzes. Aber es war doch in den Jahren 1907—1909 viel mehr
guter Wille vorhanden, um Konflikte zu vermeiden oder abzuschwä-
chen. Zu den Symptomen einer versöhnlicheren Stimmung in
Frankreich gehörte die Teilnahme französischer Jachten an den Kie-
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