ner Zusammenkünfte von Wilhelmshöhe und Ischl in Kenntnis zu
setzen. Bei dem Empfange des Herrn von Jowolski am gleichen
Orte (s. September) wird der König nicht versäumt haben, den
russischen Minister des Außeren aufrichtigsten Dank und Genug-
tuung wegen des am 31. August 1907 abgeschlossenen englisch-
russischen Vertrages über Persien, Afghanistan und Tibet
auozusprechen, denn dieser Vertrag sollte sich als Mittel von unschätz-
barem Werte erweisen, um dem Hauptziel der emsigen diplomatischen
Tätigkeit des Königs auf dem europäischen Festlande nahe zu
kommen.
Was gingen uns Persien, Afghanistan und Tibet an? In
Persien hatte zwar der deutsche Handel angefangen sich aus zubreiten,
aber Persien konnte so wenig wie Afghanistan oder Tibet Gegenstand
deutscher politischer Bestrebungen sein, und es war sogar möglich, daß
die Einteilung in Interessensphären dazu beitragen würde, die inne-
ren Zustände in ersien zu verbessern und damit auch den bis
dahin geringen deutschen Anteil am Handelsverkehr zu vergrößern.
Der englisch-russische Vertrag enthielt die Bestimmung, daß die
Unabhängigkeit Persiens geachtet werden sollte. Wenn auch in einem
Auotausch von Erklärungen neben dem Vertrag die speziellen Inter-
essen Englands am Persischen Golf anerkannt worden waren, so
hatte doch Sir Edward Grey gleichzeitig versichert, daß England
nicht den Wunsch hege, den legitimen Handel anderer Mächte auszu-
schließen. Die offene Tür sollte also bestehen bleiben.
Dennoch war der Vertrag eines der wichtigsten diplomatischen
Ereignisse der neueren Zeit, in dessen Folge sich die Stellung Deutsch-
lando in Europa viel schwieriger gestaltete. Mit der freundschaftlichen
Verständigung über die zentralasiatischen Länder, wo der Brennpunkt
des alten scharfen englisch-russischen Gegensatzes lag, war England
von der Sorge um die Nordgrenze Indiens befreit; ein von russischen
Ränken verschonter gewaltiger, Lon Tibet bis zu den Küsten des
Persischen Golfs reichender Gürtel sicherte hinfort seinen wertvoll-
sien Besigz.
Eo war zu erwarten, daß sich Nußland nach seinem Verzicht
auf weiteres Vordringen nach Afghanistan und dem Persischen Golf
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