und Füchse jagte. Im Fürstenschloß ergötzte man sich mit Kabarett-
unterhaltung, während in Berlin die Kaisernot beraten wurde.
Daneben bemühten sich getreue und aufrechte Diener des aller-
höchsten Herrn — denn er hatte auch solche, wie den Oberhof-
marschall Grafen August Eulenburg, den Militärkabinettschef Gra-
fen Hülsen-Häseler u. a. — ihn auf die böse Lage vorzubereiten,
die ihn in Berlin erwartete.
Am 17. November war in den Parterreräumen der Wilhelm-
straße 76 großer Tag. Die Zimmer reichten bei weitem für den
Journalistenbesuch nicht aus, die Korridore füllten sich, und auf
der Straße vor den Toren des Auswärtigen Amts und des Reichs-
kanzlerhauses bewegten sich wartende Kollegen hin und her. Der
Kanzler wurde aus Potsdam von seinem ersten Vortrag beim
Kaiser nach dem Sturm zurückerwartet. Als ich mich zur Ankunfts-
zeit nach dem Kanzlerhaus begab, konnte ich mich der Fragenden
kaum erwehren. Der Kanzler ging aus dem Wagen sogleich ins
Eßzimmer, wo ihn die Fürstin erwartete. Wir, Loebell und ich,
trafen beide sehr ernst, die Fürstin mit sorgenvoll auf die Hand
gestütztem Haupte, am Eßtisch. Der Fürst sagte uns vorerst nur
das Nötigste, die Genehmigung des Entwurfes für den Reichs-
anzeiger. Um nicht aufgehalten zu werden, ging ich durch eine
Hintertür im Garten nach meinem Zimmer im Auswärtigen Amt
zurück, um die Mitteilung des Reichsanzeigers schnellstens durch
W. T. B. verbreiten zu lassen. Die Hauptstelle der Kundgebung
lautete: „Seine Majestät der Kaiser gab Seinen Willen dahin
kund: Unbeirrt durch die von Ihm als ungerecht empfundenen
Ubertreibungen der öffentlichen Kritik, erblicke Er Seine vornehmste
Kaiserliche Aufgabe darin, die Stetigkeit der Politik des Reiches
unter Wahrung der verfassungsmäßigen Verantwortlichkeiten zu
sichern. Demgemäß billigte Seine Majestät der Kaiser die Aus-
führungen dee Reichskanzlers im Reichstage und versicherte den
Fürsten von Bülow Seines fortdauernden Vertrauens.“
War das die allerseits gewünschte Bürgschaft für die Zukunft?
Jedenfalls alles, was in Güte erreicht werden konnte. Wenn
auch niemand glauben durfte, daß nun die Kaiserkrisis überwun-
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