Full text: Um den Kaiser.

Papstes, daß alle preußischen Polen treue Untertanen des Königs 
von Preußen wären, als eine sichere Bürgschaft für die Zukunft ver- 
kündet wurde. Der kaiserliche Feldzugsplan, der Lord Noberts 
in Transvaal siegen half, die Mitteilung an den Zaren vor Björkö 
(Sommer 1g90s), daß der Marokkostreit mit Frankreich geregelt 
sei, alles Irrtümer, Ubertreibungen, Illusionen, selbstgebaute Po- 
temkinsche Dörfer. Viel jugendliche Phantasie und fast gar kein Sinn 
für das Wirkliche. Daraus und aus dem fortwährenden Bedürfnis, 
in unsteter Hast sich von einer Kundgebung in die andere zu siürzen, 
entstand jene sogenannte Lohengrinpolitik oder, wie Holstein schon 
Mitte der neunziger Jahre sagte, die Politik à Toperctte. 
Den Nörglern und Schwarzsehern mochte er wohl zur Recht- 
fertigung vor sich selbst entgegenhalten: Was will das Volk? Blüht 
und gedeiht nicht unter meiner gesegneten Regierung alles in deutschen 
Landen? Machen wir nicht Fortschritt um Fortschritt auf fast allen 
Gebieten zum Neide fremder Völker? Daß er manches persönliche 
Verdienst dabei gehabt, können wir nicht leugnen. Ebenso dürfen wir 
ihm nicht zurechnen, was die Schmeichlerschar aus ihm gemacht hat, 
den Alleskönner, der in Asspriologie so gut Bescheid weiß wie im 
Schiffsbau, und der in Dutzenden von Kunst= und Wissenszweigen, 
obgleich in allen nur Dilettant, als ernster Kenner gelten sollte. Zu 
manchen guten Eigenschaften für seinen Herrscherberuf, unter denen 
der ehrliche Drang, sich als wahrer Volksbeglücker zu erweisen, voran- 
steht, gehört auch diese, daß ihm jede Art von Günstlingswirtschaft 
grundsätzlich zuwider war. Er wollte durchaus nicht umschmeichelt 
sein, und kaum ein anderer Vorwurf erregte seinen Zorn so sehr, als 
der, daß er eine Kamarilla dulde und für das Hofschranzentum ein- 
genommen sei. Kleinliche Eitelkeit, wie überhaupt jede Kleinlichkeit 
lag ihm fern, und wenn es oft schien, als ob er sich in Weihrauch- 
wolken wohl fühle, so wollte er diese in seinem romantischen Idealis= 
mus doch nicht als Tribut für persönliches Verdienst, sondern als 
Beiwerk der ihm verliehenen majestätischen Sendung angesehen 
wissen. 
In seinen öffentlichen Reden wie in seinen schriftlichen Auße- 
rungen bestätigt sich die Wahrheit, daß sich die Eigenart des Menschen 
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