Karl Lamprecht, Stastsform und Politik in Lichte der Geschichte. 33
ziehen können, dass diesen mehr äusseren Erscheinungen der kulturgeschichtlichen Bewegung
schliesslich ein innerer Kernpunkt entspricht, der auf ein fortgesetztes Fortschreiten des psychischen
Gesamtverhältnisses menschlicher Gemeinschaften und damit auf ein psychogenetisches Agens
hinausläuft. Bei solchen Ergebnissen wird man sich dann nicht wundern können, dass in den ganzen
Auseinandersetzungen über den modernen Staat von der Monarchie nicht die Rede gewesen ist. Der
Grund hierfür ist einfach. Die konstituierenden Kräfte der neuen Zeit kommen grundsätzlich dem
Königtum nicht zu gute. Das schliesst natürlich nicht aus, dass dieses dennoch an gewissen Stellen
und unter gewissen Umständen wie z. B. in Deutschland Kräftigung erfahren kann. Grundsätzlich
indes kann darüber kein Zweifel sein, dass die tiefsten Motive der Entwicklung auf die Notwendigkeit
der Monarchie wenigstens nicht unmittelbar hinweisen, und dass darin für die deutsche Entwicklung
nach dem Charakter ihres bisherigen Verlaufs gewiss eine Schwäche der Gegenwart beruht.
Handbuch der Politik. II. Auflage. Band I. 8