Full text: Handbuch der Politik.Dritter Band. (3)

Willibald Stavenhagen, Das Deutsche Volksheer. 289 
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Es handelt sich also um eine beträchtliche Gesamtvermehrung des aktiven 
Dienststandes in der Stärke einer Kopfzahl von etwa 4 Armeekorps, was gleichzeitig eine Ver- 
jüngung der Reserveformationen bedeutet und die Mobilmachung erleichtert. Man darf künftig 
(1915) mit einer Friedensetatsstärke von etwa 31500 Offizieren, 2500 Sanitätsoffizieren, 
6000 höheren und niederen Beamten und Veterinären, 107000 Unteroffizieren und (einschl. der Frei- 
willigen) 675 000 Mannschaften, zusammen mit einer Koptstärke der Armee im Frieden von ungefähr 
820 000 Köpfen = 1,22 v. H. der Bevölkerung und 157 000 Dienstpferden rechnen.17) 
Die vermehrte Rekruteneinstellung soll vor allem dazu dienen, den Friedensstand der vorhandenen 
Truppenteile zu erhöhen (besonders erhalten die Grenztruppen hohe Etats) unter wesentlicher Vereinfachung der 
Etats. Durch die so verbesserte, der kriegerischen Verwendung mehr entsprechende Zusammensetzung der 
Truppenteile erfährt das Heer einen Zuwachs an schneller bereiter Kampfkraft, wird ihm, da die Kaders des 
mobilzumachenden Feldheeres nun in grosser Stärke schon im Frieden vorhanden sind, der Übergang in den 
Kriegszustand erleichtert, werden die im Mobilmachungsfall einzureihenden Jahrgänge des Beurlaubtenstandes 
verjüngt und verstärkt. Im wesentlichen tragen also die jungen, tatkräftigen und sorgloseren Linientruppen die 
Lasten des Kampfes, sie fesseln meist noch nicht Familie und festgegründete Wirtschaft. Im übrigen werden 
nureinzelne Neuformationen (darunter auch eine Reihe höherer Kommandobehörden), aber keine 
neuen grossen Truppenverbände aufgestellt. So bei den Jägern Radfahrerkompagnien, dann die Inspektion des 
Maschinengewehrwesens, 15 festungsmaschinengewehr- und 15 Festungsfernsprechabteilungen, die Fabrik- 
abteilung des Kriegsministeriums. Auch wird die reitende Artillerie zweckmässiger gegliedert unter Beibehalt der 
Gesamtgeschützzahl. (Kleine Batterien zu je 4 Geschützen, aber mit derselben Zahl von Munitionswagen). Ferner 
wird die Trennung von Feld- und Festungspionieren weiter durchgeführt und Festungs-Regimenter zu 2 Bat. 
gebildet. Zur Erhöhung der Schlagfertigkeit, Zuverlässigkeit der Mobil- 
machung und des inneren Werts des Heeres, besonders der Reserveformationen, 
werden das Offizier- und Unteroffizierkorps wesentlich verstärkt und dadurch die bisher ungünstigen Altersver- 
hältnisse besonders der Offiziere verbessert. Auch die Sanitätseinrichtungen, die Übungs- und Schiessplätze 
werden erweitert (46 Mill. M.), ebenso der Rahmen der grossen Truppenübungen, sowie die Vermehrung der 
Übungen des Beurlaubtenstandes geplant, die Beschaffung von Kriegsmaterial aller Art wird beschleunigt. 
Auch ist ein rascherer und vermehrter Ausbau der Festungenvorgesehen (210 Millionen), besonders an der Ost- 
grenze (Graudenz vor allem), neue Mittel werden für die Luftflotte gefordert (79 Mill.) und eine bessere Ver- 
pflegung der Mannschaften — der Magen ist das ‚,„Fundament der Armeen” — durch Bereitstellung von be- 
sonderen Mitteln angestrebt. 
Die Durchführung sämtlicher Massnahmen ist bei den drei Hauptwaffen in anbetracht ihrer Dringlichkeit, 
soweit möglich, für den Oktober 1913 geplant. Nur bei den Spezialwaffen zwingen Rücksichten organisatorischer 
27. 11I. 11 
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angeordneten organisatorischen Massnahmen schon im Herbst 1913 (statt 1914 und 1915) durchgeführt. 
Hiernach gibt es also heute (abgesehen von den Schutz- und Besatzungstruppen der 
Kolonien) mit dem Preussischen Gardekorps 23 deutscheArmeekorps) (gewöhnlich zu 
je 2 Infanterie-Divisionen, die aus Infanterie, Kavallerie und Feldartillerie zusammengesetzt sınd) 
und den dem Generalkommando unmittelbar unterstellten Truppen (Fussartillerie, Pioniere, 
Train usw.). Nur das Gardekorps hat noch 1 besondere Kavallerie-Division, das I. und XIV. A.-K. 
je 3 Infanterie-Divisionen. 
Diese unter 8 Armee-Inspektionen stehenden Korps werden sich bis 1915 endgültig gliedern 
in 50 Divisionen, 1 Kavallerie-Division [106 Infanterie-Brigaden in 217 Regi- 
mentern und 55 Kavallerie-Brigaden mit 110 Regimentern, 18 Jägerbataillone mit 18 Radfahr- 
17) Hiervon beträgt in den Jahren 1913 und 1914 die Vermehrung 95 774 Mann und 24 772 Pferde und 
zwar bei der Infanterie 63 364 Mann, 762 Pferde, der Kavallerie 7645 Mann, 8435 Pferde, Feldartillerie 11 511 
Mann, 11 996 Pferde, Fussartillerie 5220 Mann und 42 Pferde, Pionieren 2139 Mann und 25 Pferde, Verkehrs- 
gruppen 4375 Mann und 1132 Pferde, und Train 1520 Mann und 1350 Pferde. 
18) Frankreich hat einschl. der in Nordafrika stehenden Truppen und des Kolonialkorps bisher 21 Armee- 
korps mit 659 Bat. Inf., 445 Eskadrons, 16 reitende, 634 fahrende Batterien, 20 Pionierbataillone, 6 Bat. 
Verkehrstruppen in 46 Infanterie-, 10 Kavallerie-Divisionen. Am 1. April 1914 wird ein neues (XXI.) Armee- 
korps gebildet. Zu diesem nach Durchführung. der 3jährigen Dienstzeit etwa 840 000 Köpfe im Frieden starken 
Feldheer I. Linie treten im Kriege noch 13 Reserve-Divisionen, so dass dann die Feldarmee 2,96 Mill. Köpfe 
= 7,4 v. H. der Bevölkerung zählen wird (gegen 3 Mill. = nur 4,5 v. H. in Deutschland). Der grösste Teil 
— 20 Armeekorps, 10 Kav. Div. — soll gegen Deutschland verwendet und auf 12 zwei- und mehrgleisigen 
Bahnen nach dem Aufmarschgebiet geschafft werden, wo im Frielen im Raum Belfort—Verdun schon 
3 Korps und 3 Kav. Div. davon stehen. Die letzte Linie bildet dann das Besatzungsheer (Reserven und 
Territorialtruppen). 
Handbuch der Politik. II. Auflage. Band III. 19 
  
  
  
  
  
  
Art zu einer Verteilung der Durchführung auf einige Jahre. Dagegen werden die in den Gesetzen vom 
  
  
 
	        
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