Albrecht Wirth, Das Erwachen der asiatischen Völker.
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Gegenwart. In der Zahl seiner Bevölkerung steht nun China ohne Zweifel allen anderen Staaten
voran. Man darf das gesamte chinesische Reich ohne Aussenprovinzen auf 330 Millionen schätzen.
Wenn dagegen die Gesamtheit der weissen Bevölkerung Europas und Amerikas der Ostasiens
gegenüber gestellt wird, so ergibt sich fast die gleiche Ziffer. Sie beträgt im Westen annähernd,
wenn man auch Südafrika und Australien, sowie Sıbirıen und Transkaukasien mit rechnet, 560 Mil-
lionen und in Ostasien, mit Einschluss Indochinas 460 Millionen, mit Berücksichtigung Inselasiens
510 Millionen. Fraglich ist, ob dabei auch die Dravida und andere nur oberflächlich hinduisierte
Ureinwohner Indiens mitzurechnen seıen, in welchem Falle dıe Ziffer der Gelben mindestens noch
um 60 Millionen anschwellen würde. Wie ın der Wirtschaft, so hat auch im Kriegswesen die gelbe
Rasse ihre Leistungsfähigkeit oft gezeigt. Gerade ın der Gegenwart hat man vielfach an die Züge
der Hunnen und der Mongolen erinnert. Japan hat seine Kriegstüchtigkeit jenseits allen Zweifels
gestellt. Von China dagegen glaubte man lange, dass weder Vaterlandsliebe noch Tapferkeit dort
eine Stätte fänden, aber letzthin ıst man doch allgemein anderer Ansicht geworden. Die
militärische Organisation der Chinesen ım neuheitlichen Sinne wird zwar noch Jahrzehnte in An-
spruch nehmen; dass dann aber das Reich der Mitte mit einer Kriegerschaar von Millionen auftreten
und ein schweres Gewicht in die internationale Wagschale werfen könne, kann nicht mit Fug be-
stritten werden.
Ein Element, durch das die gelbe Gefahr beträchtlich herabgemindert wird, ist die Uneinig-
keit unter den Gelben selbst. Einst hielt es dıe To-Asıa-Kyokwai (ostasiatische Gesellschaft) für
möglich, dass ganz Ostasien unter Japanıscher Führung gegen den Occident mobil gemacht werden
könnte. Hauptgründer der Gesellschaft (gegen 1900) war Prinz Konoye, der in Bonn und Strassburg
seine Studien gemacht hatte; der Prinz, ein Verwandter des Mikadohauses, starb wenige Tage vor
dem Ausbruch des japanisch-russischen Krieges. Jetzt ıst man von so überschwänglichen Erwar-
tungen abgekommen; jetzt hat sich klar gezeigt, dass Japan und China nicht an demselben Strange
ziehen. Das Reich der Mitte empört sich gegen die Vergewaltigung von seiten des Inselreiches.
Genau so ferner wie einst die Türkei sıch verhältnısmässig rasch in das europäische Staatensystem
einordnete, wie sie Bündnisse mit Frankreich und Venedig gegen andere Staaten des Westens ab-
schloss, wie sie zeitweilig sogar mit dem Papste gegen andere Christenmächte ging: so haben auch
schon die ostasiatischen Mächte begonnen, durch Bündnisse der comity of nations beizutreten
und dadurch in einen Gegensatz zu einander ım fernen Osten zu geraten. Japan hat am 30. Januar
1902 sich an England angeschlossen und ım Juli 1910 an Russland, wohingegen China es mehr mit
Amerika und Deutschland hält. Der Freund Japans, der Zar, hatte schon anfang 1911 ein Ultima-
tum wegen Kuldschas und der Iliprovinz nach Peking geschickt. Offensichtlich wollen Russland
und Japan sich auf Kosten Chinas territorial bereichern. — Oktober 1911 begann die grosse Um-
wälzung, die das alte Reich der Mitte zur Republik machen sollte. Der äussere Anstoss zu der Be-
wegung war dreifach. Die Behörden haben das arme Volk zu Einlagen in die Sparkassen veranlasst,
angeblich zu dem patriotischen Zweck, die Eisenbahnen zu verstaatlichen, und dann haben die
Mandarinen schamlos sıch der Sparkassengelder bemächtigt, so dass den Einlegern das Nachsehen
blieb. Zweitens war eine ungeheure Überschwemmung, die grösste, die China in dem Verlauf der
Jahrtausende erlebt hat. Daran war die starke Schneeschmelze in Tibet schuld; vermehrt aber
wurde das Unglück durch eine Reihe von Taifunen, die sich auf dem ostasiatischen Festland in
heftige Oststürme verwandelten und die aufgestauten Gewässer der Riesenströme am Abtlıessen
hinderten. In der Mandschurei und am Nordsaum des eigentlichen China ist man derartige Jährliche
Überschwemmungen gewöhnt, aber diesmal wurde auchSchantung, das gesamteBecken des Jangtse
mit einem beträchtlichen Teil von Szetschuan und sogar die trockene Mongolei von der Wut der
Gewässer betroffen. So war schier die Hälfte des Himmlischen Reiches unter Wasser gesetzt;
und in manchen Gegenden standen nur die Berge aus der Flut hervor; ganze Dörfer und Städte
sind eingestürzt, und das obdachlose Volk drängte als Proletariat nach gastireundlichen Orten,
nach Hankau, Kiu-Kiang und Nanking, die besser vor der Überschwemmung geschützt und reicher
verproviantiert waren. Eine weitere Folge davon war ein Anschwellen der Preise. Eın Pıkul (133
englische Pfund) Reis kostete vor einigen Jahren nicht ganz anderthalb Silberdollar, damals war
es auf zehn bis zwölf Dollar gestiegen. Das verzweifelte Volk stürmte die Reismagazıne und plün-