Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

Vernehmung der Zeugen. — Befragung von Sachyverständigen. 325 
der Kenntnis anderer nicht zugängig gemacht werden soll. Wenn in einem nur 
von einem Arzte bewohnten Orte der bei einer Schlägerei mitverletzte Beschuldigte 
sich bei jenem Arzte hat seine Wunde verbinden lassen, so wäre der Arzt den 
Namen des unbekannten Beschuldigten der Polizei zu nennen nur dann berechtigt 
und verpflichtet, wenn ihn der Patient in den Vorgang nicht eingeweiht und ihm nicht 
Schweigen auferlegt hätte. Wollte der Arzt, z. B. wenn ein verletzter Mörder 
in solches Ansinnen an ihn stellte, darauf nicht eingehen, so müßte er die Behand- 
lung ablehnen und den Mörder der Polizei in die Hände führen. Außerdem sind 
noch Rechtsanwälte, Verteidiger und öffentliche Beamte unter den im Gesetze 
bestimmten Voraussetzungen, sowie jeder Zeuge auf solche Fragen, deren Beant— 
wortung ihm selbst oder einem der in § 51 d. Str. Pr. O. bezeichneten Angehörigen 
die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde, berechtigt, ihr Zeugnis zu 
verweigern. 
6. Befragung von Sachverständigen. 
Die Begutachtung durch Sachverständige wird der Polizeibeamte vielfach der 
Justizbehörde zu überlassen haben, weil sie das polizeiliche Erörterungsverfahren zu 
lange hinausziehen würde. Eine Ausnahme machen beispielsweise die chemischen 
Untersuchungen von Nahrungsmitteln usw., welche vielfach die Verwaltungsbehörde 
von amtswegen vornimmt und die auch schon wegen der Verderbnis, welcher die 
Ware durch die Zeit ausgesetzt ist, nicht hinausgeschoben werden kann. Befragungen 
von Sachverständigen, welche sich schnell erledigen lassen, und von deren Ausfall 
weitere Maßnahmen abhängen, wird der Kriminalbeamte zweckmäßig vernehmen 
können, z. B. Befragung eines Juweliers, ob Gold= und Silbersachen, Diamanten 
oder Perlen echt oder unecht sind; Befragung eines Beamten der Feuerlöschmann- 
schaft, welche Mutmaßung er bezüglich der Brandstiftung habe usw. Wenn in ge- 
wissen Angelegenheiten mit vorherrschend polizeilichem Charakter ein Gutachten 
erforderlich ist, z. B. ob ein öffentlich aufgestellter Mechanismus (Ningschleuder- 
maschine, Schießautomat) ein Glückspiel im Sinne des Strafgesetzes ist, so wird 
es der Polizei leicht und unbenommen sein, einen etwa über die Erklärung des 
Mechanismus zu hörenden Sachverständigen selbst zu vernehmen und hierbei ihre 
Interessen durch Fragen und Vorhalte geltend zu machen. Sachverständige sind zur 
Abgabe des Gutachtens ebenfalls nur dem Gericht, nicht auch Staatsanwalt und 
Polizei gegenüber verpflichtet. (Vergl. hierzu insbesondere §§ 75 und 76 d. Str. P.O.) 
Als Sachverständige kommen vor allem folgende Fachleute in Betracht. 
Der Mikroskopiker untersucht die Blutspuren, unterscheidet Tier= und Menschenblut, 
letzteres sogar nach der Entstehungsursache der Blutung, z. B. Monatsblut, Blut 
von Wunden und Verletzungen, von Bluterbrechen usw. Die Blutspuren müssen 
äußerst sorgsam behandelt und bewahrt und dem Sachverständigen tunlichst schnell 
übermittelt werden. Der Mikroskopiker untersucht weiter die Exkremente auf die in 
ihnen befindlichen Reste der letzten Nahrung. Bekanntlich pflegen Verbrecher am
	        
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