Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

Befragung von Sachverständigen. — Durchsuchung und Beschlagnahme. 327 
eines Beschuldigten oder Mitbeschuldigten befinden. Gegenstände, welche ein Zeuge oder 
eine sonst unbeteiligte Person in Gewahrsam hat und welche von diesen Personen nicht frei- 
willig herausgegeben wird, darf der Polizeibeamte nicht wegnehmen. Solche Personen kann 
nur der Richter bezw. der Staatsanwalt mit Hilfe des Richters zur Herausgabe 
durch Strafen anhalten. (§ 95 der Str. Pr. O.) Wohl aber kann der Polizeibeamte 
diesen Personen gegenüber eine Beschlagnahme anordnen — nicht sie verwirklichen, 
nicht die Sache wegnehmen —, wenn ein Gegenstand von einem Zeugen oder Dritten 
nicht herausgegeben wird. Solchenfalls hat der Beamte zu erklären, daß er den 
Beweisgegenstand usw. mit Beschlag belege und er jede Wegschaffung oder Ver- 
äußerung verbiete. Diese Erklärung genügt, um den Dritten bei Zuwiderhandlung 
nach 8 137 des Str.G.Bs. strafbar zu machen. Zur Anordnung der Beschlag- 
nahme von Briefen, Postsendungen und Telegrammen, die bei der Post eingehen, ist 
der Polizeibeamte nicht befugt (§ 99 ff. der Str. Pr.O.). 
Eine Durchsuchung zwecks Auffindung der Person des Beschuldigten oder von 
Beweismitteln ist bei allen Personen zulässig, welche als Täter oder Teilnehmer 
(Mittäter, Anstifter, Gehülfe im Sinne der §§ 47, 48 und 49 des Str. G.Bs.) 
oder als Begünstiger und Hehler (8§ 257—260 des Str.G.Bs.) verdächtig sind. 
Ob ein solcher Verdacht vorliegt, entscheidet der Beamte selbst nach bestem Ermessen. 
Die Durchsuchung ist zulässig in der Wohnung dieser Personen oder anderen ihnen 
zur Verfügung stehenden Räumen, wie Keller, Bodenkammer, Arbeitsräumlichkeiten usw.; 
alle diesen Personen gehörigen Sachen, ihr Mobiliar, ihre Kleidungsstücke, ihre 
Taschen in ihren Kleidern, ja ihr nackter Körper selbst können durchsucht werden; 
Personen weiblichen Geschlechts sind hinsichtlich ihres Körpers von Frauen zu unter- 
suchen. Es ist vorgekommen, daß ein Mann ein gestohlenes Zehnmarkstück unter 
seiner Vorhaut, eine Frauensperson einen Hundertmarkschein in ihrer Scheide ver- 
borgen hielt. Ist die Durchsuchung am Körper vorzunehmen oder sonst an Ort und 
Stelle nicht ausführbar, weil die betreffende Person Widerstand leistet oder sonst die 
Amtshandlung stört, so ist sie an Amtsstelle zu führen. Bei andern als den oben 
einzeln aufgeführten Personen ist eine Durchsuchung sowohl ihrer Räume als auch 
ihrer Person und ihrer außerhalb der Wohnung befindlichen Sachen (vergl. Löwe, 
Kommentar, § 103) nur zum Zwecke der Ergreifung des Beschuldigten oder der 
Verfolgung von Spuren einer strafbaren Handlung oder der Anordnung der 
Beschlagnahme bestimmter Gegenstände, also nicht zwecks Durchsuchung nach irgend 
welchen vielleicht vorhandenen Beweismitteln zulässig. Verfolgt also der Beamte den Be- 
schuldigten, und dieser läuft in ein fremdes Haus, so ist im ganzen Hause die 
Durchsuchung zulässig. Führen in der Nähe des Tatortes eines Mordes frische 
Blutspuren in ein Haus, in eine Wohnung, so ist die Durchsuchung in diesen 
Räumlichkeiten zulässig. Steht fest, daß der Dieb eine Summe Geld gestohlen 
hat, so kann nach diesem in Räumlichkeiten gesucht werden, in welche sie nach 
den tatsächlichen Anhaltspunkten der Erörterung der Dieb getragen haben kann. 
Findet sich dann das Geld bei einer völlig unbeteiligten Person und diese sollte 
wider Erwarten die Herausgabe verweigern so kann nur die Beschlagnahme angeordnet,
	        
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