336 I. Der exekutive Kriminalbeamte.
monnaie gestohlen, so sind alle Personen festzustellen, welche zur gegebenen Zeit im
Garderoberaum waren. Durch Erörterung von deren Leumund event. nach bloßer
Befragung oder vermittels Durchsuchung sind die nicht in Betracht kommenden
Personen wieder auszuschalten.
Eine weitere Frage, an die vielfach gleich beim Beginn der Untersuchung
heranzutreten sein wird, ist darauf gerichtet, ob sich bei dem Verdächtigen Anzeichen
für die Täterschaft finden. Ist er im Besitze des gestohlenen Gutes? Oder im
Besitze auffälliger Mittel? Hat er verdächtige Ausgaben gemacht? Hat er andere
bereichert? Besitzt er Papier, wie solches das anonyme Schreiben aufweist?
Finden sich an seinen Kleidungsstücken Blutspuren oder Frauenhaare oder Samen-
fleceen? Passen sein Fuß oder sein Schuhwerk in gefundene Spuren? Besaß
oder besitzt er Werkzeuge, wie sie bei der Ausführung der Tat verwendet worden
sind? Besitzt er die Keuntnisse und Fähigkeiten, welcher der Täter bei der Aus-
führung z. B. in der Herstellung eines Sperrhakens bewiesen hat? Diese
Umstände müssen in vielen Fällen mittels Durchsuchung und Beschlagnahme
aufgeklärt werden. Im übrigen kommen Zeugenvernehmungen in Frage. Die
Anzeichen für die Täterschaft können auch anderer Art sein. Der Verdächtige
zeigt Schuldbewußtsein durch Unruhe, Angst, Ausfragen der Umgebung, durch Ver-
änderung seiner Kleidung, seines Kopf= und Barthaares; er leistet Ersatz, bittet um
Rücknahme der Anzeige oder des Strafantrags, sucht Zeugen zu beeinflussen, verrät
seine Kenntnis von Einzelheiten der Tat usw.
Kommt es darauf an, einen unbekannten Täter zu ermitteln, so muß man
alle erkennbaren Wirkungen der Tat auf das genaueste erörtern, besonders alle Hin-
weise auf die Art der Persönlichkeit des Täters, seinen Beruf, sein Gewerbe usw.
Es ist z. B. zur Ausführung ein Schustermesser verwendet oder dem Toten ein
Stich beigebracht worden, wie ihn gewisse Fleischer in Uebung haben usw. Alle
Personen, welche am Tatorte oder in dessen Nähe zur fraglichen Zeit verkehrt haben
oder zu verkehren pflegen, z. B. Passanten, Arbeiter auf dem Wege von oder nach
der Arbeit, Dienstmänner, Droschkenkutscher, Milch, Backwaren oder Zeitungen aus-
tragende Leute, Postboten, Dienstmädchen, regelmäßige Spaziergänger, Geschäftsleute,
die in der Nähe einen Laden haben, usw., sind zu ermitteln und zu befragen. Erlangt
man eine Vorstellung von der Tat, so kann man sich auch das Motiv zu ihr und die
Charaktereigenschaften des Täters sowie die Anzeichen, welche beim Täter für die Täter-
schaft vorhanden sein können oder vorhanden sein müssen, vorstellen. Auf solchem Wege
wird sich der Kreis der in Betracht zu ziehenden Personen immer mehr verengern,
so daß sich bei jeder der in solchen Fällen der Polizei vielfach zugetragenen Verdachts-
anzeigen übersehen läßt, ob der Verdächtige überhaupt in Betracht zu ziehen sei.
Besonders in wichtigen und umfänglichen Fällen ist es von großem Werte, wenn
der Beamte geistig so über der Sache steht, daß er einen Verdacht sofort auf die
Möglichkeit oder Unmöglichkeit seines Inhalts beurteilen kann.
Es wird zweckmäßig sein, wenn sich auch der junge Kriminalbeamte, der mit
seinem gesunden Menschenverstande oder mit seiner erlangten Uebung im einzelnen