Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

348 I. Der exekutive Kriminalbeamte. 
stand den Kopf des innen steckenden Schlüssels von außen, dreht den Schlüssel 
so, daß er richtig zum Schlüsselloch steht, und stößt ihn nach innen. Ist 
diese Operation ohne Störung abgegangen, so arbeitet er mit dem Dietrich oder 
Nachschlüssel und verschafft sich Eingang. 
Weitere besondere Arten von Dieben sind noch: Die Hoteldiebe, welche 
meist im Hotel Wohnung nehmen und am Tage oder bei Nacht in etwa unver- 
schlossene Zimmer eintreten, sich, wenn sie betroffen werden, damit entschuldigen, 
daß sie sich in der Türe geirrt haben, und gegebenenfalls daliegende oder unter 
den Kopfkissen der Schlafenden versteckte Wertsachen mitnehmen, übrigens manchmal 
auch mit einem Helfershelfer arbeiten, der als Dienstmann, Friseur, Geschäfts- 
bote usw. in das Hotel kommt, nach dem Genossen fragt, hierbei im Vorbeigehen 
Zimmertüren öffnet und auskundschaftet, welche Räume bewohnt sind, im Betretungs- 
falle aber vom Genossen, als zu diesem bestellt, gerufen wird. Weiter sind zu 
nennen die schon erwähnten Kollidiebe, die Leichenfledderer, welche 
betrunkene oder eingeschlafene Personen bestehlen, die Ladenkassendiebe, welche 
es auf die Kasse im Ladentische absehen und in deren Oeffnung große Ge- 
schicklichkeit entfalten. Die Schlafstellen= und Einmietediebe, die nur 
mieten, um Gelegenheit zum stehlen zu finden, die Ueberzieherdiebe, die 
Fahrraddiebe, Wäschediebe, Hundediebe, Baubudeneinbrecher, 
Bodenkammereinbrecher, Eierdiebe, Gemäldediebe, Automaten- 
einbrecher, Metalldiebe, Pferdedeckendiebe, Schaukasteneinbrecher, 
Schuldiebe, Stock= und Schirmdiebe, Wagendiebe, Bäderdiebe ufsw. 
Von den Helfershelfern des Diebes ist zuerst der schon erwähnte Aus- 
kundschafter zu nennen. Bei manchem nennenswerten Diebstahl wird, wenn nicht 
einer der Beteiligten die erforderlichen Kenntnisse besitzt, weil er z. B. früher einmal 
als Dienstbote oder Arbeiter dort gearbeitet hat, der Auskundschafter eine große 
Nolle spielen. In irgend einer Maske als Kolporteur, Dienstmann, Bettler, 
Hausierer oder auch als weiblicher Dienstbote, sucht er vorher die Stätte auf, 
die als nächster Tatort von den Komplizen ausersehen worden ist. Während 
der in die Länge gezogenen Verhandlung sucht er sich über die genaue Lage der 
Wohnungen, Verbindung der Türen, sowie über die Gewohnheiten und Beziehungen 
der Bewohner usw. zu orientieren. Bei derartigen Diebstählen befrage man die 
Bestohlenen, Hausbewohner usw., ob in letzter Zeit solche in Frage kommende 
Personen dagewesen sind, und setze seine Erörterungen auch nach dieser Richtung 
hin fort und lasse etwaige Spuren nicht aus, da man bei einer eventuellen Er- 
mittelung wenigstens einen von den Genossen gefangen hat, durch den man die anderen 
Teilnehmer leichter ermitteln kann. Arbeitet der Dieb allein, so übernimmt er 
die nötige Auskundschaft selbst. Ein Dieb hatte vergeblich einen Einbruch in fremde 
Geschäftsräume versucht. Um nun die Gelegenheit zum Einbruch und die Oertlich- 
keiten besser auszuspüren, begab er sich alsbald in die Geschäftsräume, gab sich als 
Kriminalbeamter aus und erklärte, er wolle wegen des versuchten Einbruchs eine 
Besichtigung der Oertlichkeiten vornehmen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.