350 I. Der exekutive Kriminalbeamte.
12. Betrug.
Bei Betrugserörterungen hat man sich immer den nicht einfachen gesetz--
lichen Tatbestand des Betrugsparagraphen (8 263 Str.G.B.) zu ver-
gegenwärtigen. Der Betrüger muß zu dem Zwecke, sich ohne Recht zu bereichern,
einem anderen gegenüber falsche Tatsachen vorspiegeln oder wahre Tatsachen, zu
deren Offenbarung er eine rechtliche Verpflichtung hat, verschweigen, und hierdurch
den anderen in einen Irrtum versetzen oder einen bei ihm bereits vorhandenen
Irrtum bestärken. (Niemand ist verpflichtet, ungefragt aus freien Stücken seine
schlechte Vermögenslage, seine Schulden, feine erfolglose Auspfändung, die Ableistung
des Offenbarungseides zu offenbaren.) Infolge dieses Irrtums läßt sich dann der
andere zu einer Handlung, z. B. Hergabe eines Darlehns, bestimmen, welche entweder
sein eigenes Vermögen oder dasjenige eines Dritten irgendwie beeinträchtigt. Die
Vermögensbeschädigung muß also durch die Täuschung verursacht worden sein.
Wer mit der Absicht, Zahlung nicht zu leisten, sich in einer Restauration als
zahlungswilliger Gast aufspielt, indem er Speise und Getränke bestellt, und dann
gemäß seiner vorgefaßten Absicht nicht bezahlt, ist Betrüger. Wer aber im Glauben,
Zahlungsmittel bei sich zu haben, die Bestellungen macht und erst nach genossener
Zeche den Mangel an Geld bemerkt, der ist nicht Betrüger, denn er hat die Ver-
abreichung der Speisen und Getränke nicht durch eine Täuschung erlangt. Ein
mittelloser Mensch, der vergeblich ausgepfändet worden ist oder den Offenbarungseid
geleistet hat und auf Kredit kauft, kann nur dann wegen Betrugs bestraft werden,
wenn er wußte oder mit der Möglichkeit rechnete, daß er den Kaufpreis bei Fälligkeit
nicht werde bezahlen können. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Einnahmen
des Beschuldigten und nach dem Preise der Ware usw. Ein Darlehnsvermittler,
der auf Offerten antwortet, daß der Darlehnssucher erst gegen Zahlung von
50 Pfennigen in Briefmarken sich die Bedingungen des Darleihers hinsichtlich der
Gewährung des Darlehns kommen lassen, also gewissermaßen ihre Kenntnisnahme
erkaufen solle, ist wegen Betrugs nur zu fassen, wenn er von vornherein gar nicht
beabsichtigte, die Darlehen zu gewähren, oder auch für bedrängte Darlehnssucher
unerfüllbare Bedingungen stellte oder gar nicht in der Lage wäre, das Darlehn aus
eigenen oder aus anzugehenden fremden Mitteln zu gewähren. Wenn der Reisende, welcher
Bestellungen auf Kohlezeichnungen usw. nach Photographien aufsucht, bei der Annahme
der Bestellung nur hervorhebt, daß die Zeichnung gratis geliefert werde, und verschweigt,
daß die Zeichnung nur gegen Bezahlung der Einrahmung geliefert wird, so täuscht er den
Besteller. Der Nachweis der Täuschung wird aber erschwert, wenn ein Bestellschein
unterschrieben und ein Duplikat dem Besteller verblieben ist, auf welchem die Ver-
pflichtung zur Bezahlung des Rahmens ersichtlich ist. Man muß schon mehrere
einwandsfreie Zeugen haben, wenn bewiesen werden soll, daß der Reisende bei seinen
Vorspiegelungen es so einzurichten gewußt hat, daß der Besteller vor Abgabe der