Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

Brandstiftung. 369 
Kalium, Wasser, Schwefelkohlenstoff usw. können verschiedene Verbindungen her- 
herstellt werden, welche sich entweder von selbst oder durch Erwärmung, Bewegung, 
Luftzutritt usw. entzünden. Endlich ist des Brennglases zu gedenken, welches 
jemand so einsetzen kann, daß bei Sonnenschein der Brandherd zünden muß. 
Wer hatte ein Motiv zur Brandstiftung? Als Motive kommen erfahrungsgemäß 
in Betracht: Eigennutz des Brandstifters, um sich oder einem Dritten die Versicherungs- 
gelder zu verschaffen; um billig bauen zu können; um schwer verkäufliche Gegenstände in 
Geld umzusetzen; um mehr zu erlangen als das Verbrannte wert war; um Unterstützung 
aus Mitleid zu finden; um Arbeit durch die Aufräumungsarbeiten und den Wiederaufbau 
zu bekommen; um sich durch den Brand Gelegenheit zur Vermittelung von Bau- 
geschäften usw. zu verschaffen; um durch Meldung des Brandes Geld, eine Be- 
lohnung von wenigen Mark, oder sonstige Vorteile zu gewinnen; um durch den 
Brand Gelegenheit zu freier Zeche bei der Löschung zu bekommen; um Gelegenheit 
zum Fortschaffen von Sachen zu erhalten, die der Hauswirt wegen rückständiger 
Miete zurückbehalten hatte; um durch den Brand zu töten oder Spuren einer 
Tötung zu beseitigen; um Gelegenheit zum Stehlen zu gewinnen oder Diebstahl 
und Unterschlagung zu verdecken; um einen anderen, der wegen begründeten oder 
unbegründeten Verdachtes einer Brandstiftung in Untersuchungshaft sich befindet, zu 
entlasten (sogenannte Deckungsbrände); um ohne jeden eigenen Nutzen dem Besitzer 
des Hauses einen Gefallen zu erweisen. Affekte werden zu Motiven: als Rachsucht, 
Eifersucht, Neid, Schadenfreude, Bosheit, Unzufriedenheit mit bestehenden Verbält= 
nissen, Unzufriedenheit mit einer Dienststellung, sogar der Wunsch, aus einer guten 
Stellung unter die früheren Genossen in eine Besserungsanstalt zurückzukehren; 
Unzufriedenheit mit gemieteten Räumen; Aerger wegen nicht gewünschter Kündigung 
von solchen; Wunsch, im Zuchthause oder Gefängnis Unterkunft zu erhalten; Heim- 
weh, Furcht vor Strafe oder Tadel; Mutwille, Lust am Feuer, Eitelkeit, eine Art 
Großmannssucht, festgefügtes Menschenwerk zu zerstören; Affekte in der Pubertäts- 
entwickelung junger Mädchen; Motive der Geisteskranken. 
Bei wem liegen die Wirkungen der Brandstiftung vor? einmal an seinem 
Körper, an seiner Kleidung, z. B. durch Brandflecke, oder im Besitze vom Brand- 
orte herrührender Sachen? sodann im wahrnehmbaren Schuldbewußtsein bei Ausbruch 
des Feuers und beim Löschen? 
Für das prozessuale Verfahren ist von Bedeutung, daß die Polizei- 
behörden der Vorschrift in § 161 der Strafprozeßordnung nachgehen und ihre 
Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft oder, wenn schleunige Vornahme 
richterlicher Untersuchungshandlungen erforderlich erscheint, dem zuständigen Amts- 
richter übersenden. In dringenden Fällen muß sofortige telegraphische, telephonische 
oder mündliche Nachricht an den Staatsanwalt oder den örtlich näheren zuständigen 
Amtsrichter erfolgen. Denn es kann für diese Beamten, namentlich bei umfang- 
reichen, länger dauernden Bränden, vielleicht von Wert sein, das Feuer, noch ehe 
es gelöscht ist, in seinem Umfange und seiner Wirkung zu sehen oder sich an der 
unmittelbar nach der Löschung erfolgenden Besichtigung der Brandstelle, an dem 
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