Mord bezw. Totschlag. 373
zerrissenen Eingangsöffnung der Wunde, am Verbrennen oder Versengen von Haaren
oder Kleidungsstücken, an der Schwärzung durch Pulver usw. Ein Schrotschuß,
dessen Wunde wie eine Kugelschußwunde aussieht, muß ebenfalls aus der Nähe
abgegeben worden sein, weil die Schrote bereits wenige Meter nach Verlassen des
Laufes vollständig auseinander fliegen, den sogenannten Streukegel bilden. Bei
Schrotschüssen kann man überhaupt durch Feststellung des Streukegels an Baum-
stämmen, Blättern, Holz= oder Mauerwerk, wo die Schrote aufgetroffen haben, er-
mitteln, daß der Schießende sich in der Mittellinie hinter der Spitze des Streukegels
befunden haben muß. Bei Fernschüssen ist die Eingangsöffnung der Wunde —
umgekehrt wie beim Nahschuß — meist kleiner als das Geschoß. Den Standpunkt
des Schießenden beim Nah- oder Fernschuß ermittelt man nach der Lage des
Propfens usw., der einige Meter vor dem Schützen niederzufallen pflegt. Auf die
Art der Schußwaffe (Terzerol, Pistol, Revolver, Flinte, Büchse, Tesching), ob sie
Vorder= oder Hinterlader, glatt oder gezogen, einläufig oder mehrläufig war, kann
der Sachverständige aus der Art und Beschaffenheit der Kugel sowie aus Kugel-
pflaster oder Propfen schließen. Außer mit einer Schußwaffe kann die Tötung mit
stumpfem oder scharfem Werkzeug verübt worden sein. Aus der Art der Wunde,
ob sie mehr gequetscht oder mehr keilförmig ist, läßt sich auf die Benutzung eines
stumpfen oder scharfen, spitzen Werkzeugs schließen. Stumpfe Werkzeuge hinterlassen
fast niemals scharfe und glatte Wundränder. Stichwunden werden manchmal über-
sehen, weil sie fast ohne äußere Blutung beigebracht werden können. Ob jemand
einen gewaltsamen Tod durch Zufall erlitten hat, z. B. ob er von einer Höhe herab-
gestürzt sein kann, ergibt die ganze Oertlichkeit und ebenfalls die Lage und Ver-
letzung der Leiche.
An die Besichtigung der Leiche schließt sich die Besichtigung des Tatortes
sowie dessen Durchsuchung oder Absuchung nach verdächtigen Gegenständen. Es ist
zu prüfen, auf welchem Wege, von welcher Seite, ob zusammen oder einzeln Mörder
und Ermordeter an den Tatort gelangt sind, auf welchem Wege der Mörder sich
wieder entfernt hat. Ist freilich der Boden hart oder kein niedergetretenes Gras
vorhanden, wird sich in dieser Hinsicht nicht viel feststellen lassen. Der Tatort ist
in nicht zu engem Umkreise abzusuchen, z. B. nach der Mordwaffe, die ein
ganzes Stück weit sortgeworfen worden sein kann, nach Gegenständen, die
der Mörder verloren haben könnte und welche auf seine Persönlichkeit hinweisen,
oder nach Gegenständen, welche der Mörder dem Ermordeten weggenommen und
dann wieder weggeworfen hat. Hierbei ist der geringste Gegenstand zu beachten.
Z. B. kann an ihm sich ein blutiger Fingerabdruck des Mörders finden, der bekannt-
lich neuerdings richtige Verwertung finden kann. Nach solchen Fingerabdrücken ist
auch die Kleidung des Ermordeten zu durchsuchen, die ja der Mörder mit blutigen
Fingern durchsucht haben kann. Das Gesicht und die Hände des Ermordeten sind
auf Blutspuren und Kratzer, die Hände auf Haare, Wolle usw., die vom Körper
oder der Kleidung des Mörders herrühren können, zu besichtigen. Auch Gegenstände
in der Natur, z. B. Bäume und große Steine, in Wohnungen die Möbel, Türen usw.