Anthropometrie. 379
Die beiden Ohrdurchmesser, ebenfalls die Maximalzahlen für Länge
und Breite, werden mit einem speziellen kleinen Schiebermaß gemessen, wobei
man besonders acht geben muß, die weichen Teile des Ohres nicht zu drücken.
Diese beiden Messungen sind die einzigen, welche auf der rechten Körperseite
der zu messenden Person gemacht werden; alle noch folgenden geschehen auf
der linken Seite. Der Grund, warum das rechte Ohr gewählt wurde, liegt
darin, daß auch für die Profilbilder in der gerichtlichen Photographie die
Wahl der rechten Gesichtsseite die gebräuchlichere ist.
Der nackte linke Fuß wird gemessen, während er mit dem ganzen
Körpergewicht belastet, sich auf dem Fußboden oder besser auf einem Schemel
vollständig breittritt, wobei der rechte Fuß nach rückwärts zu erheben ist.
Die Meßschiene eines größeren Schiebermaßes wird nun an der inneren
Seite des Fußes entlang so angelegt, daß der feststehende Arm die Ferse und
der Schieber leicht die Spitze der großen Zehe berührt.
Der Mittelfinger und der Kleinfinger der linken Hand werden recht-
winklig zum Handrücken mittels desselben Instrumentes gemessen. Diese
beiden Angaben haben einen ganz beträchtlichen kennzeichnenden Wert, voraus-
gesetzt, daß die Messungen genau nach Vorschrift vorgenommen werden.
Der linke Vorderarm wird von der Ellbogenspitze bis zur Mittelfinger-
spitze gemessen; das Ellbogengelenk muß dabei einen spitzen Winkel bilden,
die eine Handfläche flach auf dem Tisch liegen. Um gut ausgeführt werden
zu können, erfordert diese Messung die Anwendung eines hohen, schmalen
Tischgestelles, dessen Form und Größe aus der nebenstehenden Zeichnung er-
sichilich ist. Mit Ausnahme der Spannweite wird bei allen übrigen Messungen
der zu messende Körperteil zwischen zwei parallele Flächen eingeschlossen,
deren Entfernung von einander auf der dazwischen liegenden Meßschiene ab-
gelesen werden kann. Auf den beiden Schiebermaßen und auf dem Kopf-
zirkel markiert ein in der Mitte des Schiebers angebrachter Nullstrich, „Zeiger“
genannt, das gefundene Maß. Die Anordnung dieses Nullstriches beruht
auf dem einfachen Grundsatze, daß er bei geschlossenem Instrument mit dem
Beginn der Maßeinteilung genau zusammenfällt.“
Der Signalementrubrik „Besondere Kennzeichen“ widmet Bertillon in seinem
System besondere Aufmerksamkeit. Davon ausgehend, daß jeder Mensch besondere
Kennzeichen in Gestalt von Narben, Leberflecken, Schnittwunden usw. hat, veranlaßt
er zur peinlichen Registrierung derartiger Merkmale. Es ist z. B. zu fordern,
daß der messende Beamte genau die Größe einer Narbe, deren steststehenden oder mut-
maßlichen Ursprung und genaueste körperliche Oertlichkeit verzeichnet. Die Rubrik wäre
beispielsweise wie folgt auszufüllen: „Linksseitwärts 6,5 cm von der linken Brust-
warze eine 2,3 cm lange, 0,3 cm breite schief einwärtsgehende, anscheinend von
einem Messerstich herrührende Narbe.“ Die Folgerung Bertillons ist zutreffend,
daß es geradezu als ein Wunder zu bezeichnen wäre, wenn eine Person noch
mehrere andere derartige Kennzeichen hätte, die im Signalement ebenfalls eingehend