Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

Allgemeine Verhaltungsvorschriften. 417 
den Augen des Publikums seinen Dienst tut, welcher seiner per- 
sönlichen Auffassung und Entschließung vielfach äußerst ein-ä 
schneidende Handlungen überläßt. Nur einem unbescholtenen, ehrenhaften 
und wahrheitsliebenden Charakter kann das Vertrauen solche wichtige Befugnisse 
übertragen. Ein Polizeibeamter, welcher in einer dieser Haupteigenschaften versagt 
hat, schädigt damit zugleich seine Kameraden und seine ganze Behörde, weil die 
Oeffentlichkeit bei der Wichtigkeit der dem einzelnen Beamten übertragenen Befugnisse 
geneigt sein wird, den Schluß von dem einzelnen auf die übrigen Beamten zu ziehen. 
Privatleben. Unbescholtenheit. Ehrenhastigkeit. Traktierenlassen. 
Die Unbescholtenheit und Ehrenhaftigkeit erstrecken sich zugleich 
mit auf das Privatleben des Beamten. Ebenso wie er selbst für eine einzelne 
Amtshandlung Geschenke oder andere Vorteile irgend welcher Art nicht fordern oder auch 
nur annehmen darf, ebenso sehr hat er dafür zu sorgen, daß derartige Zuwendungen 
nicht durch seine Angehörigen seiner Familie zugute kommen. Er hat auch den 
Schein der Empfänglichkeit für Zuwendungen zu vermeiden und darf sich in Wirts- 
häusern weder vom Wirte noch von Gästen traktieren lassen. Denn der Dritte, 
welcher dies mit ansieht, sagt sich dann entweder: „Dieser Beamte wird bei einer 
nächsten Gelegenheit gegenüber dem Gaste oder Wirte ein Auge zudrücken“ oder 
„Da sieht man, was der Mensch im Polizeibeamten wert ist. Heute trinkt er auf 
Kosten derer, die er morgen anzeigt oder gar verhaftet.“ Beide Erwägungen des 
Zuschauers sind der Autorität der Polizeibehörde nicht dienlich. Und bei der eigen- 
artigen Stellung, welche gerade der aus dem Volke selbst hervorgegangene Polizei= 
beamte in der Anschauung des Volkes einnimmt, muß alles vermieden werden, was 
die ihm schuldige Achtung beeinträchtigen könnte. 
Unabhängigkeit im Privatleben. Gewerbe. Nebenbeschäftigung. Winkel- 
schriftstellerei. Bedienung der Presse. Schuldenmachen. 
Der Polizeibeamte muß im Privatleben unabhängig sein, wenn er seine 
Pflichten mit der erforderlichen Gerechtigkeit erfüllen will. Ohne Genchmigung seiner 
Dienstbehörde darf weder er noch seine Ehefrau ein Gewerbe oder eine sonstige 
Nebenbeschäftigung betreiben, insbesondere darf er keine Gesuche oder 
Schriftstücke für andere anfsertigen oder gar die Tageszeitungen mit 
Berichten bedienen. Der Polizeibeamte hüte sich vor Schuldenmachen. 
Auch dadurch bringt er sich in Abhängigkeit und begibt sich in Hände, welche ihn 
mißbrauchen können. Außerdem verdirbt Schuldenmachen den Charakter, indem es 
zu Leichtfertigkeit, Verschwendung und Genußsucht verleitet. 
Taktgefähl. 
Auch ein gewisses Taktgefühl muß der Polizeibeamte in seinem 
Privatleben bewahren. Er muß wissen, daß er immer, auch als Privatmann, 
beobachtet und kritisiert wird, und daß man auch von seiner Aufführung im Privat- 
leben einen Schluß auf seine Diensttüchtigkeit zieht. Ein Schutzmann hatte seinen 
Sohn als Gchilfen bei einem Kaufmann, gegen welchen, wie er wußte, bei der 
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