418 II. Der exekutive Polizeibeamte.
Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Urkundenunterdrückung und unlauteren
Wettbewerbs anhängig war. Obwohl ihm nun ferner bekannt war, daß andere
Schutzleute seiner Behörde wiederbolt bei dem Kaufmann im Auftrage der Staats-
anwaltschaft Durchsuchungen und Beschlagnahmen vornahmen, daß der Kaufmann
verhaftet und zu einer längeren Gefängnisstrafe und zum Verluste der bürgerlichen
Ehrenrechte verurteilt wurde, beließ er doch seinen Sohn in jenem Geschäfte, weil
die Bezahlung eine gute und eine andere Stellung nicht sofort zu finden war. Er
hat dadurch zweifellos dem Ansehen der Polizei bei dem Publikum geschadet, welchem
der Sachverhalt näher bekannt war.
Wahrheitsliebe.
Der Polizeibeamte hat sich auch in seinem Privatleben, besonders dritten gegen-
über, als wahrheitsliebender Charakter zu bewähren und alles Aufschneiden,
Prahlen usw. zu vermeiden. Er muß bedenken, daß seine Umgebung, welche ihn
von solcher Seite kennen lernt, von ihr ebenfalls einen Schluß auf seine Dienst-
tätigkeit ziehen würde. Gerade der Schutzmann genießt hinsichtlich der Wahrheitsliebe
ein Vertrauen in einem Umfange, wie selten ein anderer Beamter, weil er eben täglich
und stündlich in seinem Dienste Wahrnehmungen macht, die gegenüber einem leugnenden
Beschuldigten oder falschen Zeugen oft auf seinem einzigen Zeugnisse beruhen.
Geschlechtsverkehr.
Der unverheiratete Polizeibeamte hat in seinem Geschlechts-
verkehre die äußerste Vorsicht anzuwenden. Ein Schutzmann einer kleinen Stadt
begab sich in eine nahegelegene andere Stadt und gebrauchte dort eine Frauensperson
auf einer Wiese. Dabei stahl ihm das Frauenzimmier, eine Gewohnheitsdiebin, seine
Uhr. Er zeigte den Fall der örtlichen Polizeibehörde anonym, aber unter Angabe
seines Wohnortes an. Da die hierauf ermittelte Frauensperson im Besitze einer
der beschriebenen ähnlichen Uhr befunden wurde, aber den Diebstahl leugnete, so
schickte der Staatsanwalt die Uhr an die Polizeibehörde des anonymen Anzeige-
erstatters, um bei den dortigen Uhrmachern aus den Eingravierungen im Deckel der
Uhr, welche auf Reparaturen hindeuteten, den Eigentümer ermitteln zu lassen. Der
Zufall wollte es, daß der anonyme Polizeibeamte selbst mit den Erörterungen be-
traut wurde und nun seiner Dienstbehörde den Sachverhalt klarlegen mußte. Man
sieht, in welche Kollisionen mit Dienstpflichten solches Verhalten leicht führen kann.
Daß der Polizeibeamte sich in allen dienstlichen Angelegenheiten gegenüber
seiner Behörde, der er durch den Diensteid verpflichtet ist, vor Gericht,
dem er den Zeugeneid abzulegen hat, und gegenüber den Beteiligten in
einem Erörterungsverfahren streng an die Wahrheit zu halten hat, versteht
sich von selbst. Die geringste Unwahrhaftigkeit gegenüber seiner Anstellungsbehörde
muß deren Vertrauen zu ihm beeinträchtigen, wenn nicht erschüttern.
Der Polizeibeamte als Zeuge.
Vor Gericht soll der Beamte mit seiner Aussage vorsichtig sein und einem ihm
in der Hauptverhandlung vom Gerichte oder dem Angeklagten oder Zeugen gemachten