Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

Allgemeine Verhaltungsvorschriften. 421 
des Vorgesetzten gebracht werden müssen, so darf dies doch nicht in eine 
Klatscherei wegen Kleinigkeiten ausarten. Den Geist der Kameradschaft zu 
pflegen und zu heben, liegt ebenso sehr an den Mitgliedern der Exekutivmannschaft 
selbst als an den Vorgesetzten. Unverträgliche oder gar gehässige und unlautere Charaktere, 
welche besonders im Auge zu behalten sind, müssen rechtzeitig entfernt werden. Der Vor- 
gesetzte wird die Pflicht haben, Schmeichler und Liebediener von sich abzuweisen. 
Amtsverschwiegenheit. 
Die Amtspflicht des Polizeibeamten erstreckt sich bekanntlich auf die Geheim- 
haltung alles desjenigen, was er in Ausübung seines Dienstes erfahren hat und 
was nach der Natur der Sache oder auf grund besonderer Anord- 
nung der Kenntnisnahme seiten der Oeffentlichkeit entzogen zu bleiben hat. Der 
Beamte wird gut tun, auch seinen Angehörigen gegenüber Verschwiegenheit zu 
beobachten. Besondere Vorsicht ist im Kreise von Bekannten, am Biertische usw. 
geboten. Auch nach Auflösung des Dienstverhältnisses verbleibt die Pflicht zur 
Amtsverschwiegenheit bestehen. 
Nach § 53 der Strafprozeßordnung darf der Polizeibeamte, auch wenn er sich 
nicht mehr im Dienste befindet, über solche Umstände, auf welche sich seine Pflicht 
zur Amtsverschwiegenheit bezieht, als Zeuge nur mit Genehmigung seiner vorgesetzten 
oder zuletzt vorgesetzt gewesenen Dienstbehörde vernommen werden. Der Polizei- 
beamte wird im einzelnen Falle auf an ihn ergangene Zeugenladung zu prüfen haben, 
ob etwa seine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit in Betracht komme, und die Ent- 
scheidung seiner vorgesetzten Behörde einzuholen haben. Tritt eine solche Frage 
während der Hauptverhandlung unvermutet an ihn heran, so hat er, sobald er sich nicht 
klar ist, seine Aussage zu verweigern und seiner Dienstbehörde den Fall zu unterbreiten. 
Verkehr mit dem Publikum. 
Im Verkehre mit dem Publikum sind dem Exekutivbeamten die verschiedensten, 
nur durch Selbstzucht und Uebung zu vereinigenden Eigenschaften nötig. Der Beamte 
hat nie außer acht zu lassen, daß er keine Privatperson, sondern ein Angestellter 
des Staates ist, dessen Autorität er durch sein eigenes Verhalten und dasjenige des 
Publikums aufrecht zu erhalten hat. Er hat deshalb alle seine Erklärungen mit 
Bestimmtheit und Kürze abzugeben und sich auf in die Länge gezogene Unter- 
haltungen und Verhandlungen nicht einzulassen. Seinen Geboten und Verboten, 
die er gesetzlich und rechtmäßig ergehen lassen muß, hat er mit Energie und, wenn 
es nötig und zulässig ist, mit Zwang und Gewalt Geltung zu verschaffen. Dabei 
hat er jedoch jederzeit sich dieienige Besonnenheit und Ruhe zu wahren, welche 
ihn auch in unangenehmer Situation und Gefahr der zutreffenden Entschließung 
nicht berauben. Selbst einem widerspenstigen, ungezogenen und flegelhaften Wider- 
sacher gegenüber darf er sich nicht hinreißen lassen, z. B. zu einer Erwiderung von 
Schimpsworten, Beleidigungen, ironischen und sarkastischen Bemerkungen usw. Das 
wäre des Standes, den er vertritt, ganz unwürdig. Er hat sich also in allen 
Fällen kaltes Blut zu wahren und sein etwa von Natur aufbrausendes Temperament 
zu zügeln. Er darf nicht zu empfindlich, nicht zu leicht reizbar sein. Durch solche
	        
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