444 II. Der exekulive Polizeibeamtc.
drängende, schiebende und geschobene Volksmenge stemmen, die oft plötzlich wie eine
Woge über ihr Bett schlägt.
Absperrungsmaßregeln.
Nicht unerwähnt bleibe hier, daß manchmal auch unzweckmäßige Ab-
sperrungsmaßregeln, welche immermit Rücksicht auf die geschilderte
Psychologie der Menschenmenge vorsichtig zu erwägen sind, an dem
Unwillen, Widerstande und Angriffe der Menge gegen Polizei und bewaffnete Macht
ihre Schuld tragen.
Ein beliebter Fehler bei Absperrungsmaßregeln ist folgender.
Findet ein großer, öffentlicher Aufzug statt, welcher vielleicht schon Stunden vorher die
Zuschauer herbeilockt, so stellen sich diejenigen, welche zuerst an der Stelle
sind, an die Bordkaute des Fußsteiges auf, da die Straße meist vom
Zuge und den Absperrungsbeamten in Anspruch genommen wird. Die später
kommenden Zuschauer treten hinter die zuerst erschienenen und sofort, bis der ganze
Fußsteig bis an die Häuserreihe voll Menschen gefüllt ist.
Da nun aber die Zugangsstraßen zu der Straße, welche der Zug
nimmt, meist auch nicht von einem bestimmten, dem Eintreffen des Zuges nahe-
liegenden Zeitpunkte ab völlig gesperrt werden, so gelangen einzelne Spät-
linge, da sie die Fahrstraße natürlich nicht betreten dürfen, in die auf den Fuß-
steigen stehenden Zuschauer hinein, in welche sie sich hinein= oder gar nach der
Bordkante vordrängen. Die bis an die Häuserreihe vollgepfropfte Menge muß sich
durch das Eindringen der Spätlinge natürlich nach der Bordkante zu aus-
dehnen. Hierdurch werden die zu vorderst Stehenden, welche also zuerst gekommen
sind, meist wider ihren Willen in die Absperrungsmannschaften hineingestoßen. Die
Exekutivmannschaften verkennen dann fast immer die Situation,
wähnen sich von diesen vordersten Reihen belästigt und übersehen, wie das dahinter-
stehende Menschenmeer oft so überschwillt, daß sogar einzelne Personen direkt ausgehoben
und auf den Schultern der übrigen getragen werden. Die Exekutivbeamten wissen
sich dann nicht anders zu helfen, als daß sie die Zuerststehenden, welche also
zufolge ihres langen Wartens das meiste Anrecht auf Anwesenheit
haben, einfach von ihren Plätzen wegnehmen und zum Fortgehen auffordern, wo-
durch die Weggeschickten oft um den ganzen Genuß des Schauspiels kommen und
äußerst erbittert werden, ihren Unwillen äußern oder gar Widerstand leisten. Auch
die Umstehenden, welche den Zusammenhang begreifen und wohl gar ein gleiches
Schicksal befürchten, nehmen gegen die Polizei Partei. Oft wiederholt sich der Vor-
gang auch, sodaß tatsächlich die Spätlinge, wenn der Zug kommt, glücklich unverdienter
Weise zu vorderst stehen. Es ist infolgedessen bei solchen Absperrungen vor
allem auch die Maßregel zu treffen, daß sich von den Zugängen
zur Hauptstraße aus nicht Menschen in die bereits auf dem Fuß-=
steige vollgepfropfte und eingekeilte Menschenmenge hineindrängen
können. Ein einzelner Polizeibeamter kann einen solchen Fußsteigzugang bewachen