Strafbares Glücksspiel. 465
Lotterie und Ausspielung sind eine Art des Glückspiels, denn Gewinn und
Verlust hängen vom Zufalle, von einer Ziehung von Gewinnnummern und dergleichen ab.
Eine Lotterie bezw. Ausspielung veranstaltet, wer mehreren anderen Personen je gegen
einen Preis die Hoffnung auf Gewinn in Geld (dann spricht man von Lotterie)
oder von anderen Gegenständen (dann spricht man von Ausspielung) verkauft.
Eine Veranstaltung liegt vor, sobald der Ziehungsplan kundgegeben und Lose
zum Absatze angeboten worden sind. Die Lotterie bezw. Ausspielung ist öffentlich,
wenn die Teilnahme an ihr nicht einem bestimmten begrenzten Personenkreise (den Schülern
einer Schule, den Mitgliedern eines Vereins, einer geschlossenen Gesellschaft), sondern
dem Publikum als solchem ermöglicht ist. Veranstalter ist der Unternehmer.
Die Veranstaltung von Lotterie und Ausspielung wird aus verschiedenen Gründen
von obrigkeitlicher Erlaubnis abhängig gemacht. Die Gewinnsucht und Verausgabung
von Geld zu ihrer Befriedigung sollen in Schranken gehalten werden. Der Unter-
nehmer von Lotterie und Ausspielung bedarf zum Schutze des Publikums einer
sorgfältigen Kontrole hinsichtlich der Aufstellung und Durchführung des Ziehungs-
planes. Der Erlaubniserteilung hat eine sorgfältige Prüfung vorauszugehen, ob diese
Garantien vorhanden sind. Der Staat hat gewöhnlich selbst eine Staatslotterie
unternommen, welche die Gewinnsucht des Publikums hinreichend befriedigt und ihm
zugleich als Einnahmequelle dient. Hierbei ist die Frage zu erörtern, ob die ver-
schiedenen Landesgesetze (s. Preußen und Sachsen) Gültigkeit haben, welche das
Spielen in Lotterien eines anderen Staates (Bundesstaates) und das Vertreiben von
Losen einer solchen Lotterie unter Strafe stellen. Die Meinungen hierüber sind be-
kanntlich geteilt. Es wird geltend gemacht, daß die Materie des Glücksspiels im
Reichsstrafgesetzbuche erschöpfend geregelt sei und deshalb nach § 2 Ziffer 1 des
Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuche kein Raum für abweichende oder weitergehende
Bestimmungen des Landesstrafrechts verbleibe. Diese Meinung ist nicht haltbar. Auch
das Reichsgericht (Band 33 u. 36) hat sich für Gültigkeit der landesrechtlichen Verbote,
betreffend das Spiel in auswärtigen Lotterien bezw. Kollektieren, für dieselben, entschieden.
Bei Lotterie und Ausspielungen müssen nicht immer „Lose“ ausgegeben werden.
Es liegt Veranstaltung einer Ausspielung vor, wenn der Leser einer Zeitung mit
dem Abonnement ein Anrecht auf Prämiengewinn oder auf Gewinn bei Lösung
eines Preisrätsels erwirbt. In beiden Fällen wird der Gewinner, beim Lösen von
Preisrätseln der oder die ersten Einsender, in der Regel durch eine vom Zufalle ab-
hängige Ziehung bestimmt. Eine Veranstaltung von Ausspielung liegt auch in der
ösfentlichen Anzeige eines Kaffeehändlers, daß in je 100 von ihm zu verkaufenden
Paketen Kaffee ein oder mehrere Scheine mit Anrecht auf Lieferung einer Kaffee-
kanne und dergleichen enthalten seien. Der Zeitungsredakteur, welcher das Inserat der
Ankündigung einer verbotenen Lotterie abdruckt, ist als Gehilfe strafbar. Oft finden
sich in öffentlichen Zeitungen und Zeitschriften wochen = undmonate-
lang dergleichen Anzeigen von verbotenen Lotterien und Aus-
spielungen, ohne daß eingeschritten wird. Hierdurch wird aber
die öffentliche Meinung irregeführt, indem mancher glaubt, dieses
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