Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

Strafbares Glücksspiel. 467 
Beschreibung der bekanntesten Glücksspiele. 
Da der Polizeibeamte sehr oft in die Lage kommen kann, zu erörtern, ob ein 
im öffentlichen Lokale oder gewerbsmäßig gespieltes Spiel ein Glücksspiel ist, so 
sollen im folgenden die bekanntesten Glücksspiele näher beschrieben werden. 
Kümmelblättchen. 
1. Ein bekanntes von Betrügern geübtes Spiel ist das sogenannte Kümmel- 
blättchen, richtiger Gimelblättchen, vom hebräischen Buchstaben gimel, der auch 
die Dreizahl bedeutet, hergeleitet Es ist französischen Ursprungs und kam Mitte 
des vorigen Jahrhunderts aus Paris. Es handelt sich eigentlich hierbei weniger um 
ein Kartenspiel als um Betrug, der mittels vorgegebenen Spiels verübt wird. Der 
Bauernfänger zeigt seinem Opfer drei Karten, gewöhnlich eine Figur und zwei 
Pointkarten. Von den drei Karten hält er zwei übereinander in der einen und eine 
in der anderen Hand, und zwar nimmt er die Karten meist der Länge, manchmal 
auch der Breite nach in den Raum zwischen dem Daumen und den drei nächsten 
Handfingern. Der Gauner zeigt die Kartenbilder schnell und fordert die Mit- 
spielenden auf, sich die Figur, z. B. Coeurkönig, zu merken. Nun wirft er die 
drei verdeckten Karten aus den Stellungen, wie er sie in der Hand hat, neben 
einander auf den Tisch und läßt sich Wetten (Geldeinsätze) darauf bieten, ob der 
Coeurkönig rechts, links oder in der Mitte liegt. Die Mitspielenden glauben ganz 
genau verfolgt zu haben, wohin die Karte, welche sie als Coeurkönig erkannt haben, 
gefallen ist. Bei der räumlichen Nähe der Mitspieler wäre ein Irrtum auch kaum 
möglich. Der Bauernfänger hat sich aber derartig eingeübt, daß er den König tat- 
sächlich nicht an die Stelle wirft, wohin er ihn nach seiner Bewegung zu werfen 
scheint; er wirft ihn tatsächlich an eine andere Stelle. Es handelt sich also hierbei 
um die Geschwindigkeit eines Taschenspielers, um Hervorrufung einer meist recht 
vollendeten optischen Täuschung bei dem Opfer. Dieses glaubt auch meist an einen 
Irrtum seinerseits und läßt sich zu neuen Wetten verleiten. Indem es der Bauern- 
fänger dazwischen einmal Kleinigkeiten gewinnen läßt, reizt er die Spielleidenschaft 
und verleitet es zu einem hohen Satz. Wenn der Bauernfänger diesen eingestrichen 
hat, so lehnt er weiteres spielen aus irgend welchen Gründen ab und verschwindet. 
Manchmal führt der Bauernfänger seinen Betrug auch dadurch aus, daß er noch 
mittels einer vierten Karte manipuliert. 
Landsknecht. Meine Tante, Deine Tante. 
2. Landsknecht (aus dem französischen Lansquenet) oder „Meine Tante, 
Deine Tante“ wird mit der vollständigen französischen oder auch mit der aus 
52 Blättern bestehenden deutschen Karte gespielt. Die Zahl der Mitspieler ist 
beliebig. Der Bankhalter setzt einen beliebigen Satz aus; darüber hinaus kann er 
nicht verlieren. Die Spieler können den gesetzten Betrag ganz oder teilweise halten. 
Danach legt der Bankier von den vorher ordnungsgemäß gemischten und abgehobenen 
Karten das erste Blatt aufgedeckt vor sich zu seiner linken Hand (Meine Tante), 
das zweite Blatt ebenso zu seiner rechten (Deine Tante) auf. Die weiteren Karten- 
30*
	        
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