500 II. Der exekutive Polizeibeamte.
Die Tatsache muß nichterweislich sein. Das Gesetz verlangt mit
Recht von jedem, der ehrenrührige Tatsachen mitteilt, eine verständige auf Beweise
gegründete Prüfung, ob das Mitgeteilte auch wahr sei und erweislich sein werde,
da nichts Geringeres als Ehre und Unbescholtenheit eines anderen auf dem Spiele
stehen. Die Gefahr der Nichterweislichkeit trägt der Mitteilende.
Wenn Zeugen sterben oder aus gesetzlichen Gründen ihr Zeugnis verweigern und
deshalb der Wahrheitsbeweis mißlingt, so tritt nicht Straflosigkeit ein. Mit solchen
Umständen muß jeder rechnen, wenn er ehrenrührige Tatsachen mitteilt. Es ist gleich-
gültig, ob man die nichterweisliche Tatsache im guten Glauben für wahr gehalten
hat, weil man sie vielleicht aus einer zuverlässigen Quelle zu schöpfen glaubte. Ist
aber die Mitteilung nachweislich wahr, so ist der Mitteilende von Strafe auch dann
frei, wenn er von ihrer Wahrheit und Erweislichkeit zur Zeit seiner Aeußerung noch
nichts wußte. Es genügt, daß die Tatsache ihrem wesentlichen Inhalte
nach erwiesen wird, auch wenn Nebenumstände direkt widerlegt werden.
Es wird zum Beispiel einem anderen nachgesagt, er habe 20 Mark gestohlen, und
der Wahrheitsbeweis ergibt, daß es nur 15 Mark waren. Weniger die Einzelheiten
einer Behauptung, als deren Gesamtcharakter ist entscheidend. Eine Tatsache kann
aber „nicht wahr“ sein, weil wesentliches verschwiegen wird. Man sagt
zum Beispiel einem anderen nach, er sei wegen Diebstahls verurteilt worden, und weiß,
daß er in der ersten Instanz verurteilt, in der zweiten Instanz aber freigesprochen
worden ist. Ist die Tatsache eine strafbare Handlung, so ist der Beweis
als erbracht anzusehen, wenn der andere wegen dieser Handlung vor oder nach
der Behauptung rechtskräftig verurteilt worden ist. War er aber vor der Be-
hauptung oder Verbreitung rechtskräftig freigesprochen, so ist der Beweis der
ahrheit ausgeschlossen, andernfalls ist er zulässig (§ 190 des Strafgesetzbuchs).
Der Beweis der behaupteten oder verbreiteten Tatsache schließt aber eine Be-
strafung wegen Beleidigung im Sinne von § 185 nicht aus, wenn die
Absicht zu beleidigen aus der Form der Mitteilung oder aus den Umständen,
unter welchen sie erfolgte, hervorgeht (§ 192 des Strafgesetzbuchs). In diesen
Fällen muß also ausnahmsweise dem Mitteilenden die Absicht zu
beleidigen nachgewiesen werden. Die Becehauptung oder Verbreitung einer
erweislich wahren ehrenrührigen Tatsache ist an sich nichts Rechtswidriges. Deshalb
sind auch wahrheitsgetreue Berichte über öffentliche Gerichtsver-
handlungen im allgemeinen straffrei, wenn nicht aus gewählten Ausdrücken
(Lump, Schurke usw.) oder aus dem Motiv der Verbreitung und dem damit ver-
folgten Ziele die Beleidigungsabsicht erhellt. Bildet den Gegenstand der Gerichts-
verhandlung eine Beleidigung, so kann in der Anführung ihres Wortlautes mit oder
ohne Angabe des Nameus der beleidigten Person eine Beleidigung derselben liegen,
wenn beispielsweise im Falle der Freisprechung des Täters der Redakteur gleichwohl
die Aeußerung zu der seinigen machen oder den Beleidigten sonst in der Oeffentlich-
keit bloßstellen wollte. Wer in einem literarischen Erzeugnisse lebende
Personen in solcher Weise, daß Leser sie wiederkennen können, ehrenrührig handelnd