Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

Die Beleidigung. 501 
darstellt, ist insoweit straffrei als der Nachweis gelingt, daß die Originalpersonen 
in Wirklichkeit so gehandelt haben, und nicht aus den Ausdrücken der Darstellung 
oder den Motiven der Veröffentlichung die Absicht der Bloßstellung hervorgeht. 
Man kann jemand die erweislich wahre Tatsache nachreden, daß er gestohlen habe. 
Aber die Form, in welche man diese Mitteilung kleidet, also die Ausdrucksweise, 
zum Beispiel der andere sei ein Mausehaken, auch schon der verächtliche Ton der 
Aeußerung kann die Beleidigungsabsicht dokumentieren. Der Ausdruck „Spitzbube“ 
ist nicht für formal beleidigend befunden worden. 
Wird die Beleidigungsabsicht aus den Ausdrücken gefolgert, so muß nötigen- 
falls festgestellt werden, welche anderen nicht beleidigenden Ausdrücke zu wählen 
waren. Wir haben Ausdrücke in unsrer Sprache, welche in gewissen Fällen durch 
andre sachliche Bezeichnungen nicht ersetzt werden, zum Beispiel Flegel, flegelhaft, 
unverschämt, Unverschämtheit. Etwas anderes ist schon die Bezeichnung „Lümmel.“ 
Sie gehört wohl zu den absoluten Injurien. Der Ausdruck „Kurpfuscher“ zum 
Beispiel im Munde eines Arztes kann völlig sachgemäß sein Auch die eine 
Aeußerung im inneren, zeitlichen und örtlichen Zusammenhange begleitenden Umstände 
können die Mitteilung einer wahren Tatsache strafbar machen. Die Anonhymität 
einer schriftlichen Beschuldigung läßt nicht ohne weiteres auf die Beleidigungsabsicht 
schließen. Man ruft zum Beispiel dem wegen Diebstahls Verurteilten auf offener 
Straße ohne weiteres zu Gehör der Passanten das Wort „Dieb“ zu. Hier liegt 
die Beleidigung nicht in dem sachlichen Ausdrucke „Dieb“, sondern in dem Zurufe 
in der Oeffentlichkeit und ohne berechtigenden Anlaß. Ein Recht, einem Bestraften 
seine Tat und Verurteilung vorzuhalten, besteht nicht allgemein, sondern nur aus- 
nahmsweise. 
Verleumderische Beleidigung. & 187 Str. G. B. 
Die verleumderische Beleidigung oder Verleumdung, welche in 
§ 187 des Reichsstrafgesetzbuches behandelt wird, setzt voraus, daß der Täter wider 
besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen, also gegenüber einem 
Dritten, eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben ver- 
ächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen 
Kredit zu gefährden geeignet ist. Sie ist ebenfalls nur eine besonders formu- 
lierte Beleidigung. Die Unterschiede gegenüber der üblen Nachrede sind folgende. 
Die Tatsache muß nachweislich unwahr und der Täter muß bei der Be- 
hauplung oder Verbreitung von der Unwahrheit überzeugt sein. Wer die 
unwahre Tatsache für wahr hält oder wer sich über ihre Wahrheit oder Unwahrheir 
gar keine Gedanken macht, verleumdet nicht. Wer wider besseres Wissen gegen einen 
anderen bei einer Behörde wegen einer strafbaren Handlung Anzeige erstattet, ver- 
leumdet gleichzeitig, wenn die vorgegebene Straftat ehrenrührig ist, nicht also bei 
jeder Uebertretung. Eine Tatsache ist den Kredit zu gefährden geeignet, 
wenn sie das nicht nur bei Kaufleuten, sondern auch bei anderen Personen wichtige 
Vertrauen zu beeinträchtigen vermag, welches jemand hinsichtlich der Erfüllung seiner 
vermögensrechtlichen Verbindlichkeiten genießt. Da Kredit auch den Personenvereinen
	        
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