Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

J. Diebstahl. 35 
ich dazu gekommen sei, da werde es sich der Junge 
wohl zur Warnung dienen lassen. Etwas Straf- 
bares habe er ja wohl noch nicht begangen, sonst möge 
er es ausfressen. Im übrigen werde er dafür 
sorgen, daß der Junge im Bette bleibe. Damit 
entfernten sich Vater und Sohn; ich hörte den 
Sohn noch sagen: „Das brauchtest Du dem nicht 
auf die Nase zu binden." 
Als ich bei meinem nächsten Rundgange in 
derselben Nacht wieder an dem Grundstücke vorbei- 
kam, bemerkte ich zu meinem Erstaunen, daß die 
Leiter bereits wieder unter dem immer noch offenen 
dunklen Fenster stand und eine Mannsperson, aber 
größer als der junge Holst, sich neben der Leiter 
bewegte. Ich begab mich sofort an meinen schon 
früher gewählten Beobachtungsplatz und wartete, 
was der Mann beginnen werde. Tatsächlich stieg 
er auf der Leiter langsam und leise hinauf, ich 
schwang mich über die Mauer und ging nach der 
Leiler zu, zuletzt absichtlich fester auftretend. Der Mann 
auf der Leiter hörte mich und rief: „Bist Du's, 
Georg, wo bleibst Du?“ Ich sagte leise und mit 
verstellter Stimme: „Ja, ich bin's“, und war in 
diesem Augenblicke an der Leiter, nunmehr den 
Obenstehenden auffordernd, sofort herabzukommen. 
Der Unbekannte hielt einen Augenblick im Steigen 
inne und sprang dann in ziemlicher Höhe herab. 
Er verlor dabei aber das Gleichgewicht, so daß ich 
ihn zu packen bekam und festnehmen konnte. Ich 
schlug sofort Lärm, gab das Notsignal, worauf mir 
der Schutzmann Leonhardt zu Hilfe kam. Wir 
beide brachten den Mann zur Wache, wo ich in ihm 
den am 13. Juli 1870 in Altona geborenen 
Matrosen Heinrich Gottfried Wer, 
wohnhaft Stephansplatz 37, IV, 
feststellte. Er war nach kurzem Leugnen geständig, 
sich mit Georg Holst verabredet zu haben, diese 
Nacht mittels Leiter bei der Mocyer einzusteigen 
und ihr bares Geld zu entwenden. Er habe, 
wenn ihm viel Geld in die Hände gefallen sein 
würde, mit einem Schiffe nach Amerika gewollt.
	        
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