Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

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Formularbuch. 
und hierbei insbesondere die das Publikum besonders 
anziehenden Schaufenster der Firma Schwarze und 
Lohse im Auge zu halten, weil vor diesen schon 
viele Taschendiebstähle verübt worden sind. 
Auftragsgemäß hatte ich meinen sonntäglichen 
Zivilanzug an und trug in der Hand ein mittleres 
Veilchensträußchen, von Zeit zu Zeit an ihm riechend 
und nach der Uhr sehend, um zur Vermeidung von 
Verdacht den Eindruck eines jungen Mannes zu er- 
wecken, der sich ein Stelldichein gebe, den aber seine 
Dame warten lasse. 
Ich ging auf der der Firma Schwarze und 
Lohse gegenüberliegenden Seite, von wo aus ich 
die Ansammlung des Publikums vor dem Schaufenster 
der genannten Firma im Auge hatte und vor allem über- 
sehen konnte, auf und ab, mir auch zeitweilig die auf 
dieser Seite gelegenen Geschäftsschaufenster ansehend. 
Als ich etwa eine ¾ Stunde in dieser Weise 
Beobachtungen angestellt hatte, fiel mir eine Frauens- 
person in dunkelgrauem Rocke und langem schwarzem 
Cape, das zu dem sonnigen warmen Wetter nicht recht 
paßte, und mit schwarzem Strohhut etwa im Alter von 
30 Jahren dadurch auf, daß sie — genau nach der 
Uhr bemessen — zwanzig Minuten sich unter dem 
besonders nach ½6 Uhr besonders dicht werdenden 
Menschenknäuel vor dem Schaufenster bewegte, aber 
immer in der mittleren und hinteren Menschenreihe, 
von welcher aus sie bei der Kleinheit ihrer Figur 
die Ausstellung im Schaufenster gar nicht sehen konntc. 
Im übrigen machte sie sich, soweit ich von der gegen- 
überliegenden Seite sehen konnte, durch nichts, ins- 
besondere nicht durch scheues Umsehen und Heran- 
drängen an andere Schaulustige verdächtig. 
Da ich aber den immerhin verdächtigen Grund 
ihres Verweilens nicht feststellen konnte, so begab 
ich mich auf die Trottoirseite, auf welcher das Ge- 
schäft von Schwarze und Lohse liegt, an dessen 
Schaufenster langsam heran und nahm die Unbe- 
kannte in Beobachtung. Ich hatte sehr bald den 
Eindruck, daß ihr sonst völlig zweckloses und an der 
Ausstellung teilnahmloses Verweilen nur den Grund 
haben konnte, Taschendieberei auszuführen. Nur
	        
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