Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

X. Nötigung. 101 
Obenaus, von mir hierüber zur Rede gestellt 
und zum Einsetzen der Türen aufgefordert, weigerte 
sich dessen ausdrücklich und erklärte, er habe kein 
Geld dazu, „unsere miserablen Mietsgesetze“ zu 
bezahlen. Er habe wegen Seiferts, der nur bös— 
williger Zahler sei und seinen guten Verdienst sowie 
die reichlichen Trinkgelder vertrinke, bereits genügend 
Kosten gehabt, er wende keinen Pfennig mehr an. 
Seifert, dem er ordnungsgemäß gekündigt habe, solle 
nur ausziehen, dann würden die Türen sofort wieder 
eingehangen werden. 
Eine anweisungsgemäß von mir und Schutz- 
mann Rüdiger vorgenommene Durchsuchung nach den 
drei Türen war ergebnislos; Obenaus hat sie offenbar 
auf seinen nahen Zimmerplatz geschafft, wo sie unter 
den vielen Brettern und Balken nicht herausgefunden 
werden konnten. 
Da am 14. d. M. ein rauher Regensturm 
wehte und Obenaus, offenbar um Seifert zum Aus- 
zuge zu zwingen, die vordere Haustüre und die 
hintere Hoftüre der Hausflur fortgesetzt offen hielt, 
so daß in der Hausflur und in der Wohnung 
Seiferts ein fürchterlicher Zug entstand, ist am 
14. d. M. abends Seifert, nachdem er neue Woh- 
nung gefunden hatte, mit seiner Familie ausgezogen. 
Bereits am 15. Oktober d. J. abends waren 
die Türen in der ehemalig Seifert'schen Wohnung 
wieder eingehängt. 
Obenaus wurde von mir wiederholt darauf auf- 
merksam gemacht, daß er kein Recht habe, ohne voll- 
streckbares auf Heraussetzung des Seifert lautendes 
gerichtliches Urteil diesen mit Gewalt, durch Aus- 
hebung der Türen verübt, zum Ausziehen zu zwingen. 
Obenaus kehrte sich nicht hieran, sondern führte nur 
ungehörige Redensarten, wie z. B. wenn der Staat 
so rücksichtslos gegen die Hausbesitzer wäre, ihnen 
einen faulen Mieter aufzuzwingen, müßte er ihnen 
wenigstens das Geld dazu geben. Obenaus war 
sich also ganz klar, daß er mit seiner Handlungs- 
weise im Unrechte war. 
Er wird wegen vollendeter Nötigung hiermit 
zur Anzeige gebracht.
	        
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