Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

XIII. Verbrechen und Vergehen wider das Leben. 147 
kleider ohne Weste und Rock geliefert. Als Empfänger 
eines unter dem 4. März 1904 gelieferten Beinkleides 
steht auf der Liste Haases der Ministerialsekretär 
Heinrich Bellmann, der im Hause Westenrieder- 
straße 19, 1I wohnt; die Hose ist nach Haases 
Angabe für den Sohn, den Studenten Leopold 
Bellmann geliefert worden. Vorher habe weder der 
alte noch der junge Bellmann bei Haase arbeiten 
lassen. Haase gab mir die beifolgende Stoffprobe 
zu der Hose. 
In direktoriellem Auftrage begab ich mich heute 
morgen von ½8 Uhr an in die Nähe des Hauses, 
in welchem Bellmanns wohnen, und wartete ab, bis 
der Sohn, was erst 3/49 Uhr geschah, das Haus verließ. 
Er hatte, wie ich sah, die von Haase gelieferte Hose 
nicht an. Nunmehr begab ich mich in Bellmanns 
Wohnung, wo ich die verehelichte Bellmann antraf, 
und verlangte von ihr unter dem Vorwande, daß 
dem Schneidermeister Haase ein Ballen Stoff, wie 
die vorgelegte Probe, in der letzten Nacht gefslohlen 
worden sei, Vorlegung dieser Hose, weil die Stoff- 
probe zu klein sei, um mir von dem Stoffe im 
Ganzen ein Bild zu machen. Frau Bellmann legte 
mir auch die Hose vor. Während ich sie besichtigte, 
stellte ich fest, daß auf der rechten Hinterseite ein 
anderer Knopf angenäht war als die übrigen Knöpfe 
und der am Tatorte aufgefundene Knopf sind. Ich 
sagte zu Frau Bellmann: „Da ist ja schon ein 
anderer Knopf angenäht.“ Worauf sie sagte: „Ja, 
das ist erst vor einigen Tagen gewesen. Haases 
Knöpfe halten manchmal schlecht.“ Nunmehr bat 
ich die Bellmann, ob sie mir nicht die Hose auf 
einige Stunden mitgeben könnte, was sie bewilligte, 
und frug dabei, wann ihr Sohn nach Hause komme. 
Sie sagte, er habe bis 1 Uhr Kolleg. 
Haase, dem das Beinkleid sofort vorgelegt 
wurde, erkannie dasselbe als das von ihm angefertigte 
an und bestätigte, daß der Knopf an der linken 
Hinterseite nicht von ihm angenäht sei. 
Die Hose wurde hierauf von mir an Polizei- 
stelle einer eingehenden Besichtigung unterworfen. 
irgend welche verdächtige Flecke aber nicht vorgefunden.
	        
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