Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

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Formularbuch. 
Absicht, daß es vom Winde oder durch eigene Be- 
wegung in den Garten hinunter falle, auf das 
äußere Fensterbrett gelegt. Einen andern Zweck 
kann das Hinauslegen auf das äußere Fensterbrett 
kaum gehabt haben. Nach ihren mehrfachen unwahren 
Angaben kann ihr eine solche Tat auch zugetraut 
werden, umsomehr, als sie keinem Menschen von ihrer 
Schwangerschaft etwas gesagt und für das Kind 
auch keinerlei Fürsorge getroffen hat. Hätte sie 
das Kind retten wollen, so hätte sie ja auch die 
Berner auffordern können, es hereinzunehmen oder 
heraufzuholen. Sie hat aber der Berner davon 
gar nichts gesagt, daß es sich um eine Geburt 
handelte. In dem Busche des Gartens konnte das 
Kind verborgen bleiben, und sie konnte es gelegentlich 
heimlich wegholen und in die nicht weit entfernte 
Elbe werfen. Ferner kann sie auch den Entschluß 
gefaßt haben, den sich erhebenden Sturmwind zu 
ihren Zwecken zu nutzen und ihm die angebliche 
Schuld an dem Tode des Kindes zuzuschieben. Sie 
ist, da sie ia das Fenster geschlossen haben muß, 
auch gar nicht so matt und entkräftet gewesen, wie 
sie glauben machen will. 
Sollte aber wirklich der Zufall im Spiele 
sein und sie tatsächlich aus bloser Angst vor Em- 
deckung das Kind auf den zußeren Fenstersims — 
der innere scheidet überhaupt aus — gelegt und 
doch der Sturm, der ja sehr kräftig gewesen ist, 
das Kind hinabgeweht haben, so hat die Domascheck 
jedenfalls grob fahrlässig gehandelt. Gerade als 
Kindmädchen zu einem neugeborenen Kinde — das 
kleinste Kind Wehingers ist 4 Monate alt — mußte 
sie unbedingt wissen, daß sie auf das äußere Fenster- 
sims das Kind, das sie doch auch zum mindesten 
für lebensfähig halten mußte, in die Nachtluft nicht 
hinauslegen durfte, und daß das Kind da draußen 
auf irgend welche Weise, insbesondere durch Hinab- 
fallen zu Tode kommen konnte. Die Domascheck 
ist, da gestern morgen wieder Schwächezustände ein- 
traten, auf Anordnung des Hausarztes von Wehinger, 
Dr. Godemann, hier Glacisstr. 18, in das Friedrich- 
städter Krankenhaus überführt worden.
	        
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