160
Formularbuch.
und Dezember vor. Is. einen stärkeren Leib gehabt
habe als jetzt. Darauf habe sie aber nichts gegeben.
Ihre Tochter sei ein ganz verschrobenes Ding. Da
sie keinen Busen habe, stopfe sie sich, wie sie wieder-
holt bemerkt habe, die Brust mit Strümpfen und
Taschentüchern aus. Vielleicht habe sie sich eben-
falls Tücher unter die Röcke gestopft, um nicht so
mager auszusehen. Ihre Tochter verderbe sich durch
Lesen alberner Romane und von Gerichtsverhand-
lungen. So habe sie z. B. die Verhandlungen über
den Strafprozeß gegen die Gräfin Kuilecka in Berlin
haarklein im Kopfe gehabt und erzählt, daß die
Gräfin sich einen künstlichen Unterleib habe machen
lassen, um den Anschein zu erwecken, als sei sie in
anderen Umständen. Sie traue ihrer Tochter zu,
daß sie es der Gräfin nachgemacht habe.
In direktoriellem Auftrage begab ich mich nach
Taucha, konnte aber weder von der Tante der
Brandt, der verw. Henning, noch von dem Haus-
besitzer, dem Materialwarenhändler Ferdinand
Köhler, der im Hause Markt 7, I selbst wohnt,
noch von anderen Hausbewohnern etwas erfahren.
Der Henning will an der Brandt gar nichts, weder
bei ihrer Ankunft am 26. Dezember noch am andern
Tage aufgefallen sein. Sie könne sich auch nicht
besinnen, daß die Brandt am andern Tage unwohl
und im Bette gelegen habe. Die Henning ist aber
eine sehr altersschwache Frau von 75 Jahren und
könnte das leicht vergessen haben. Bei einer Rück-
sprache mit dem Hausbesitzer Köhler ergab sich, daß
er bereit war, sofort die Grube räumen zu lassen,
weil sie sowieso in den nächsten Tagen geräumt
werden müßte.
Die hierauf in meiner Gegenwart von den
Arbeitern Eduard Lenz und Hugo Brückner
vorgenommene Näumung der Grube ergab aber
nicht den geringsten Nachweis dafür, daß eine Frucht
in die Grube gefallen ist. Da der Abort im
Parterre, fast unmittelbar über der Grube sich be-
findet, hat die Frucht in die Grube fallen müssen.
Sie hätte wohl auch, da sie doch nach der Angabe
der Brandt immerhin mehrere Monate alt war, und