Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

Belagerungszustand. 77 
1. Das Verfahren ist mündlich und öffentlich; die Oeffentlichkeit kann 
vom Kriegsgerichte durch einen öffentlich zu verkündigenden Be— 
schluß ausgeschlossen werden, wenn es dies aus Gründen des 
öffentlichen Wohls für angemessen erachtet. 
2. Der Beschuldigte kann sich eines Verteidigers bedienen. — Wählt 
er keinen Verteidiger, so muß ihm ein solcher von Amtswegen von 
dem Vorsitzenden des Gerichts bestellt werden, insofern es sich um 
solche Verbrechen oder Vergehen handelt, bei welchen nach dem 
allgemeinen Strafrecht eine höhere Strafe, als Gefängnis bis zu 
einem Jahre, eintritt. 
3. Der Berichterstatter trägt in Anwesenheit des Beschuldigten die 
demselben zur Last gelegte Tatsache vor. 
Der Beschuldigte wird aufgefordert, sich darüber zu erklären, 
demnächst wird zur Erhebung der anderweiten Beweismittel 
geschritten. 
Sodann wird dem Berichterstatter zur Aeußerung über die 
Resultate der Vernehmungen und die Anwendung des Gesetzes, 
und zuletzt dem Beschuldigten und seinem Verteidiger das Wort 
gestattet. 
Das Urteil wird bei sofortiger nicht öffentlicher Beratung 
des Gerichts nach Stimmenmehrheit gefaßt und unmittelbar darauf 
dem Beschuldigten verkündigt. 
4. Das Gericht erkennt auf die gesetzliche Strafe, oder auf Frei- 
sprechung, oder Verweisung an den ordentlichen Richter. 
Der Freigesprochene wird sofort der Haft entlassen. Die 
Verweisung an den ordentlichen Richter findet statt, wenn das 
Kriegsgericht sich für nicht kompetent erachtet; es erläßt in diesem 
Falle über die Fortdauer oder Aufhebung der Haft im Urteile 
zugleich besondere Verfügung. 
5. Das Urteil, welcher den Tag der Verhandlung, die Namen der 
Richter, die summarische Erklärung des Beschuldigten über die ihm 
vorgehaltene Beschuldigung, die Erwähnung der Beweisaufnahme 
und die Entscheidung über die Tatfrage und den Rechtspunkt, sowie 
das Gesetz, auf welches das Urteil begründet ist, enthalten muß, 
wird von den sämtlichen Richtern und dem Gerichtsschreiber unter— 
zeichnet.
	        
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