Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

204 
Formularbuch. 
Durch den 
am 12 Oktober 1868 in Gera geborenen 
Maurerpolier Otto Ernst Schütze, hier 
Albrechtstraße 14, III wohnhaft, wurde in Erfahrung 
gebracht, daß die eingestürzte Mauer vorige Woche 
während der großen Kälte (18—220° R.) gebaut 
worden ist. Schütze habe dem Kugler ausdrücklich 
erklärt, daß bei solcher Kälte nicht weitergebaut werden 
könne, weil der Mörtel dann keine genügende Binde- 
kraft habe. Kugler habe aber gesagt, das Haus 
müsse bis Juli bezugsfähig sein, es müsse weiter- 
gebaut werden. Er, Schütze, habe ausdrücklich 
erklärt, daß er die Verantwortung nicht übernehme 
und Kugler seine Anweisung den Maurern direkt 
geben solle. Das habe auch Kugler getan. Die 
Verletzten Günther und Berthold haben diese Dar- 
stellung bestätigt und versichert, Kugler habe sie zu 
entlassen gedroht, wenn sie seiner Weisung nicht 
nachkämen. 
Kugler konnte bisher nicht erlangt werden, weil 
er seit gestern, nachdem er von dem Vorfalle er- 
fahren hatte, von hier verschwunden ist. Seine 
Ehefrau Mathilde geb. Zöllner wollte ebenfalls 
nicht wissen, wo er sich aufhalte. Kugler ist in 
Vigilanz gestellt worden. 
Wie die Augenscheinseinnahme ergibt, sind die 
Ziegelsteine im unteren noch vorhandenen Teile der 
eingestürzten Mauer tatsächlich ganz locker, was, wie 
der zufällig von uns bei der Besichtigung dort 
betroffene Baumeister Ewald Lomeier, hier 
Heilige Geiststraße 9, II, angab, nur auf die bei zu 
kalter Witterung mangelnde Bindekraft des Mörtels 
zurückzuführen ist. 
Da Kugler verschwunden ist, haben die Arbeiter — 
weil sie auch ihren Lohn nicht erhalten haben — 
die Arbeit eingestellt. 
Kugler wird wegen Vergehen nach 88 330 
und 230 Abs. 2 d. Str. G. Bs. zur Anzeige gebracht. 
Ob Schütze und die Verletzten selbst sich der Bei- 
hilfe schuldig gemacht haben, erscheint nach ihren 
Angaben zweifelhaft.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.