XX. Freiheitsberaubung. — XXI. Hausfriedensbruch. 209
Ich begab mich sofort dahin und stellte in dem
Unbekannten
den wohnungslosen und arbeitslosen Arbeiter
Heinrich Otto Krebs,
geboren am 17. Januar 1873 in Spandau, fest.
Böhme erklärte mir, er habe ihn in seinem unver-
schlossenen Keller in einer steinernen Nische auf einem
Ueberzieher liegend, aber nicht schlafend vorgefunden.
Krebs bestritt, in diebischer Absicht sich ein-
geschlichen zu haben, er habe nur im Keller in der
Nische nächtigen wollen, da er wohnungslos sei.
Er habe in diesem Hause gebettelt, auch in der
Wohnung des 1. Stockwerks, sonst aber nicht, einige
Pfennige empfangen und diese Gelegenheit benutzt,
sich nach einer Oertlichkeit für sein Nachtquartier
umzusehen. Daß der Hausbesitzer hiermit nicht ein-
verstanden sein werde, habe er sich allerdings gedacht.
Die Durchsuchung des Krebs förderte außer
einigen erbettelten Pfennigen nichts Verdächtiges zutage,
was auf einen geplanten Diebstahl schließen ließe.
Krebs ist weiederholt wegen Bettelus, nicht aber
wegen Diebstahls, überhaupt nicht wegen Eigentums-
vergehens vorbestraft. Die im ersten Stockwerke
wohnhafte Sattlersehefran Ottilie Beilig hat
ihm, wie sie mir erklärt hat, auf sein Ansprechen
zwei Pfennige gegeben.
Einschleichen in Diebstahlsabsicht wird dem Krebs
bei seinem Leugnen hiernach nicht nachzuweisen sein.
Böhme stellt aber hinsichtlich des Einschleichens
Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs.
Strafantrag.
Gegen den Arbeiter
Heinrich Otto Krebs
stelle ich Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs,
weil er sich am Abende des 22. Oktober d. J.
in meinen Keller eingeschlichen hat.
Lübeck, den 23. Oktober 1904.
Ernst Friedrich Böhme, Schlossermeister.
Krebs ist wegen Bettelns und Hausfriedens-
bruchs festgenommen worden.
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