Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

— 82 — 
drücklich nicht sowohl des öfteren den hohen Wert der klassischen Bildung 
anerkannt, sondern auch seine Willensmeinung dahin ausgesprochen hat, er 
werde immer und allezeit für die Erhaltung dieser klassischen Bildung und 
deren Pflegestätten eintreten. „Gott erhalte uns die klassische Bildung, 
ich werde für sie kämpfen bis an mein Ende.“ So lauteten (um nur ein 
Beispiel anzuführen) die Worte, welche König Albert 1892 in Grimma 
zum Rektor Bernhardi gesprochen hat.56) 
Für die monarchische Machtstellung und die territoriale Selbständigkeit 
des Kurstaates von nicht zu unterschätzendem Werte ist auch die 1548 vom 
Reiche bestätigte Ordnung des Oberhofgerichtes zu Leipzig geworden, welches 
für die schriftsässigen Herren und Städte die einzige, für alle anderen 
Untertanen die höchste Instanz wurde und zwar mit Ausschluß jeder Be- 
rufung an das Reichskammergericht. 
Von besonderer Wichtigkeit für die Stadt Dresden ist das Jahr 1550. 
In diesem Jahre schlug Kurfürst Moritz nämlich die beiden Gemeinden Alt- 
und Neu-Dresden, die bis dahin, obwohl nur durch den Elbstrom getrennt, 
zwei verschiedene selbständige Städte dargestellt hatten (zwischen denen sogar 
unaufhörlich Reibereien vorgekommen waren), zu einer Stadt zusammen. 
Erst von diesem Zeitpunkte an hat die Doppelstadt Dresden eine Ver- 
waltung, einen Rat, ein Insiegel. Alt-Dresden, die jetzige Neustadt, auf 
dem rechten Elbufer, führte bis dahin — vermutlich wegen des in der an- 
grenzenden Heide befindlichen großen Wildstandes — einen Hirsch im Wappen. 
Als gemeinsames Gesamtwappen ward nun dasjenige von Neu-Dresden 
angenommen: die bekannte (auch bei Leipzig und anderen Städten sich vor- 
5% So ist denn, dank dem direkten Eingreifen unseres verewigten Königlichen Herrn, 
für jetzt wenigstens, die Klippe glücklich umfahren worden, welche durch Einführung der 
lateinlosen Hochschule die klassische Bildung mit dem Untergange bedroht. In Preußen ist 
ein gegenteiliger Beschluß gefaßt worden und es gibt Unzufriedene, die es beklagen, daß eine 
solche einschneidende Maßregel nicht gleich im ganzen Deutschen Reiche eingeführt worden 
sei und die den sächsischen Standpunkt als verdammenswerten Partikularismus ansehen. 
Dem gegenüber und gewissermaßen zur Stärkung und Herzerquickung der „Humanisten“ 
soll aber nicht unterlassen werden, an dieser Stelle die Stimme eines „alten humanistischen 
Gymnasiasten und Studenten“ aus Preußen in ihren markantesten Sätzen wieder zu geben, 
die derselbe im „Reichsboten“ vom 16. Januar 1902 vor der Öffentlichkeit hören läßt. „Ich 
muß gestehen“, sagt der alte Herr, „ein tiefes Schmerzgefühl durchzog mein Herz, als ich 
heute von dem Abschluß der Schulreform las, ein tiefes Schmerzgefühl, daß es nun wirk- 
lich — bei uns in Preußen wenigstens — aus sein soll mit unserer guten alten humanistischen 
Bildung; aus auch mit ihrer Macht und ihrem Segen für unser Volk. Voll Wehmut lenkt 
da der Blick sich zurück in jene Zeiten, wo wir auf der Bank der Prima bei Homer uns 
begeisterten, ihm folgten in die männermordenden Schlachten, wenn wir, geführt von kundiger 
Hand, uns vertieften in die Oden eines Horaz mit ihrem Wohlklang und ihrer Schönheit, 
wenn wir im Sophokles lasen von dem Menschenleben mit dem Zwiespalt der Pflichten, der 
feindlichen Begegnung der Charaktere, vom Sieg des Rechten und Heiligen, wenn wir im 
Tacitus mit Stolz vernahmen von unseren Vorfahren. Haben denn die Herren, die unserem 
Volke diese Schulreform gleichsam als Neujahrsangebinde mitgaben, gar nichts erfahren 
von solchen Schönheiten der antiken klassischen Bildung und von ihrem Segen, ihrem Nutzen, 
nicht bloß ideal, sondern auch real.“ [Man kann sich freilich auch an übersetzungen erbauen.]
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.