Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Jener Köhler ist hier sichtlich im Begriff, die Geschichte seiner Un— 
erschrockenheit seinen Begleitern zu erzählen. Einer derselben, an dessen 
prächtiger Figur sich die Landsknechtstracht von Kopf bis zu Fuß studieren 
läßt, ist ein Repräsentant der Familie von Schönberg, deren rot und grüner 
Löwe auf dem Schildlein erscheint, welches er an Stelle einer Schaumünze 
umhängen hat. (Als einer der Ersten jenes ausgebreiteten typisch Meiß- 
nischen Geschlechtes wird Sifridus de Schonenberc 1280 genannt.) Die 
lustig--trotzige, mutige wie mutwillige Sinnesart der im Anfange ihres Be- 
stehens besonders ehrenwerten und wackeren allzeit zum Sterben bereiten, 
dabei aber den Genuß des Lebens in vollen Zügen begehrenden Gemein- 
schaft der „frommen“ Landsknechte ") findet sprechenden Ausdruck in der 
erst kunstvoll zerschlitzten, dann buntfarbig mit reichem Stoff und allerhand 
Bänderwerk wieder zusammen genähten Tracht. Diese Landsknechtstracht 
entspricht in ihrer äußeren Erscheinung dem inneren Wesen ihrer Träger, 
von denen sie aufgebracht worden ist. Sie entspricht der buntgemischten und 
zusammengewürfelten Vielgestaltung von Heimat und ursprünglichem Berufe 
wie Stand, von Sprache und Bildung jener tapferen Söldlinge. 
Abenteuer, Kriegsruhm und Beute, sowie Lohn und Brot in einer 
Beschäftigung außerhalb des Rahmens gewöhnlicher bürgerlicher Tätigkeiten 
suchend, waren diese Scharen durch den „rauhen Kriegesbesen“ aus allen 
Gauen Deutschlands, aus den Winkeln aller Gegenden des weiten Reiches 
zusammengefegt worden. Sie bildeten aber unter dem kaiserlichen Doppel- 
adler eine einheitliche, wohl geformte und geschulte, verhältnismäßig gut 
disziplinierte Kriegergenossenschaft mit eigenem Gesetz und Recht. 
Diese, den Schweizern nachgebildete, erste geordnete Fußtruppe in 
dargestellt worden. — Ein gewiß lobenswertes patriotisches Beginnen, welches bei eventuell 
regelmäßiger Wiederholung am 7. Juli jeden Jahres nicht nur den historischen Sinn 
weiterer Kreise zu stärken geeignet ist, sondern voraussichtlich eine Zugkraft mehr zum 
Besuche des Ortes werden kann, in dessen Kirche die Anzüge der beiden Prinzen (von deren 
Eltern der Kirche geschenkt) seit nunmehr beinahe vier und ein halb Jahrhunderten sich 
befinden. 
64) Die „frumben (frommen) Landsknechte“ ist eine aus der Zeit ihrer Errichtung 
durch Kaiser Max herrührende und dann allgemein üblich gewordene Benennung jener 
waffenfrohen Kriegsleute, von denen feststeht, daß sie vor Beginn einer Schlacht auf die 
Kniee sanken und nach uralter Vätersitie den ersten besten Grashalm oder etwas Erde 
— an Stelle der Hostie in den Mund nahmen, um dadurch, wenn es zum Sterben gehen 
sollte, mit ihrem Gott versöhnt zu sein. Auch vergaßen sie dann nicht, die bedeutungs- 
vollen drei Hand voll Erde hinter sich zu werfen, die ihnen bei friedlichem Begräbnis sonst 
wohl ihre Lieben in der Heimat zur Bedeckung ihrer irdischen Körper gewidmet haben 
würden, die nun zu Staub zerfallen sollten. Das „Helm ab, zum Gebet“ dürfte wohl 
auch heute noch bei den deutschen Truppen allein dastehen. Angeregt durch die Beobachtung 
der im Laufe der Zeiten auch bei den Landsknechten unleugbar eingetretenen Verrohung, wollen 
manche Geschichtsschreiber — die unzweifelhaft vorhandenen Schattenseiten über die gleichfalls 
verbürgten Lichtseiten derselben stellend — die Bezeichnung „fromm“ hier nicht als gottes- 
fürchtig gelten lassen, sondern nur im allerältesten Sinne des Stammwortes fram, d. h. 
„tüchtig , schneidig, wie das gleichnamige Messer der alten Germanen.
	        
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