Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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war, und als deren Vater Georg von Frundsberg, des Kaisers Feldhaupt— 
mann, zu verehren ist, muß als der Grundstock unserer Infanterie betrachtet 
werden. Wie ihres bunten vielgestaltigen äußerlichen Auftretens wegen, 
die alle Kreise der damaligen Zeit höchlichst interessierende Erscheinung der 
Landsknechte einen sichtbaren Markstein in der ganzen Kulturgeschichte, 
eine „Wendeflagge“ für die Entwickelung des gesamten Kriegswesens bedeutet, 
so liegt in der inneren Verfassung und dem ganzen Wesen dieser Söldner— 
truppe, in Organisation wie Taktik und Verwendungsart derselben, un- 
sichtbar für die damalige Zeit ihrer Entstehung, der bedeutsame Keim der 
heutigen Armeen, der Übergang von dem schwerfälligen Feudalheer zum 
leichtbeweglichen Volksheere der Gegenwart. Auch die in der Landsknechts- 
ordnung aufgebrachten oder eingeführten Bezeichnungen, wie Feldwaibel, 
Feldscheer, Profoß, Furier u. a. sind noch immer gebräuchlich. Aus ihrem 
locotenant, das heißt Stellvertreter des Obersten, ist allmählich Leutnant 
geworden. Diese Stellvertreter-Idee findet sich übrigens noch heute in den 
Bezeichnungen Generalleutnant, Oberstleutnant, Kapitänleutnant; die Nächsten 
an der nächst höheren Charge bedeutend. 
Die zu der Landsknechtstracht, welche vielfach auch von Studenten, 
gewissermaßen als eine Nußerung akademischer Unbotmäßigkeit getragen wurde, 
untrennbar zugehörige sogenannte Pluderhose, spielt als eine Art symbolisches 
Kennzeichen der Neuerungssucht, nicht nur im Trachtenwesen, sondern — 
wegen des ethischen Momentes, welches sie (horribile dietu) verkörpert — 
sogar in der großen Kulturgeschichte eine gewisse Rolle. Selbst von evan- 
gelischen Sittenpredigern, wie Andreas Muskulus und anderen wurde die 
Pluderhose als ein Ausfluß falsch verstandenen reformatorischen Dranges 
nach Freiheit bezeichnet, alle alten ehrbaren Formen verachtend. In der 
Tat, eine neue Anschauung der Dinge, geistliche wie weltliche, die das Alte 
vielfach von Grund aus umwälzte, machte sich überall geltend. Die Scholastiker 
wurden grundsätzlich als Dunkelmänner hingestellt; der „Humanismus“ tat sich 
auf, vielfach Wurzeln rodend, wo ein Beschneiden genügend gewesen wäre. 
Heiter sollte das Leben sein, heiter die Kunst. Zwang galt als unschön, als 
unwürdig und als unpraktisch; fessellos wollte man Geist und Körper haben. 
Freie Künste und freie Wissenschaft verlangten freie Betätigung, ebenso wie 
„freies Menschentum“ — jenes Giftkorn, welches nur auf homöopathischem 
Wege heilsam ist. Die zum Teile dem klassischen Altertum entlehnten 
üppigen Formen und heiteren, ja oft sinnlichen Gebilde der Renaissance 
bemühten sich, die erhabene Schönheit und den weihevollen Ernst der Gotik 
in den Schatten zu stellen, welche der urgermanischen Auffassung vom 
mächtigen Himmelsdom, der Symbolik des deutschen Waldes, nicht minder 
aber auch christlicher Andachtsstimmung so gut entsprochen hatte. Die Götter 
Roms und Griechenlands lebten auf; kämpfend in vieler Herzen und 
Köpfen mit Donar und Freya, mit Christus und Maria. 
Alles brodelte, kochte und drohte überzulaufen an Anschauungen und 
Grundsätzen in Kirche und Staat, in Familie wie Gesellschaft. Und —
	        
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