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Der Friede von Osnabrück und Münster 1648 traf ein auf das Ent—
setzlichste verwüstetes Land, eine durch die dreißig Kriegsjahre teils tierisch
verrohte, teils durch furchtbare Krankheiten und unsägliche Leiden geistig
wie körperlich zerrüttete Bevölkerung, sowie trostlose Zustände des Staats-
wesens vor. Die Wohnstätten lagen verödet da, die Menschen waren hin-
geschlachtet wie das Vieh. Von den 4000 wehrhaften Bürgern Freibergs,
die unter Schweinitz so tapfer die Stadt verteidigt hatten, waren 500, und
zwar zumeist schwer Kranke, übrig geblieben. Auf den rauchenden Trümmern
Schmiedebergs stand ein einziges Ehepaar als Rest der Einwohnerschaft,
und die Gattin des im gänzlich verlassenen Wahrenbrück als letztes männ-
liches Wesen an der Pest verstorbenen Geistlichen mußte selbst das Grab
für ihren Eheherrn graben und den Leichnam einsenken. Steuern mußten
erhoben werden, und doch war keine Möglichkeit vorhanden, dieselben auf-
bringen zu können. Es fehlte an allem. — Da hatten Fürsten und Stände
nicht nur in Sachsen, sondern allenthalben schwere Arbeit. Auch Johann Georg
nahm sich seiner Herrscherpflichten mit Eifer und Wärme an, obgleich die
Lust an Jagd und Weidwerk ihn trotz des Ernstes der Lage, Hunderte von
Hirschen, Bären und Wölfen erlegen ließ..) Das Hauptverdienst dieses
Kurfürsten aber liegt in der schon vor Ausbruch des großen Krieges be-
gonnenen Schaffung der ersten Anfänge eines stehenden Heeres, welches die
Zeit gebieterisch forderte.
Wie auch die historische Vorrede zu den alten Rang= und Stammlisten
erst der Kurfürstlichen, dann der Königlichen Sächsischen Armee sagt, war
bisher im Falle eines Krieges der Adel und die Nation überhaupt zur
Verteidigung des Landes aufgeboten worden. Erst unter Herzog Albrecht
dem Beherzten (1 1500) kommen Söldner oder auf eine kurze Zeit gedungene
Truppen vor. Den Grund zu einer stehenden Armee legte Johann Georg I.
im Jahre 1613 durch das mit Bewilligung der Stände errichtete „Defensions-
werk“. Innerhalb dieser Einrichtung wurden, auf dem altgermanischen
Grundgedanken der Wehrpflicht aller Eingesessenen fußend, letztere in
gerechten Abstufungen zu dieser Nationalaufgabe herangezogen. Der Adel
stellte hierzu in zwei großen Heerhaufen, sogenannten Regimentern, die
„Ritterpferde“,") während aus den Bürgern und Stadtbewohnern, den
verlängert wurde, dem gequälten Lande wenigstens die Möglichkeit, innerhalb seiner
Qualen einmal etwas aufatmen zu können, bis der Westfälische Friede dem ganzen Kriege
ein Ende machte.
*!5) Die Summe des in den Jagdverzeichnissen während der Jahre seiner Haupt-
Jagdpassion, nämlich 1611 bis 1653, als von dem Kurfürsten selbst und in seiner direkten
Gegenwart erlegt bezeichneten Wildes, beläuft sich auf 113629 Stück; darunter
15228 Hirsche, 29196 Eber, 203 Bären, 1543 Wölfe, 200 Luchse, 11811 Hasen,
18957 Füchse. Wohlverstanden ist alles das, was vom Forstpersonal des Landes zur
Strecke gebracht worden, hierbei nicht inbegriffen, und dürfte dies leicht das Sechs= bis
Siebenfache betragen.
76) Beispielsweise gab der Meißner Kreis 326 solcher Pferde, wovon allein die Herren
von Schleinitz 36; eine große Zahl für jene Zeit. Für die von Schleinitz ein Beweis von
deren damaliger Blüte und Machtsülle.