Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Albertinische Haus gekommen war, wurde der Kaiser bei der Taufe zu 
Gevatter gebeten. Der Oberhofprediger Weller aber äußerte, auf den kraft- 
vollen Wuchs des wohlgestalteten Knaben einerseits und die treffliche Er- 
ziehung, die derselbe erhalten werde, anderseits hinweisend: „Aus diesem 
Prinzen wird mit der Zeit ein herzhafter Kriegsheld werden, der schwer 
aus dem Sattel zu heben sein wird, wenn er einmal darein gesessen.“ Wie 
sehr diese prophetischen Worte sich bewahrheitet haben, zeigt die Geschichte. 
In der mannhaften deutsch-patriotischen Seele dieses hochgesinnten Landes- 
fürsten lebte der alte urdeutsche Reichsgedanke in seiner ganzen Herrlichkeit 
noch einmal wieder auf, von nur wenigen seiner Zeitgenossen gewürdigt 
oder verstanden. Nachdem er sechs Jahre lang als Kurprinz für Deutsch- 
lands Ehre in Frankreich und am Rhein gefochten hatte (und in dem Treffen 
bei Sinsheim am 16. Juni 1674 infolge seiner verwegenen Tapferkeit beinahe 
in die Gefangenschaft des Marschalls Türenne geraten war), entsetzte Kur- 
fürst Johann Georg, zusammen mit dem Polenkönig Johann Sobieski und 
dem Kurfürsten Max Emanuel von Bayern, 1683 am 2. September das 
von den Türken hart bedrängte und belagerte Wien. 
Der Ruhm des Tages, an welchem besonders die Polen und Sachsen 
Vorzügliches leisteten, gebührte deren fürstlichen Anführern, die an Helden- 
mut wie an strategischem Geschick wetteiferten. Ganz besonders gerühmt 
wird das Verhalten des sächsischen Dragonerregiments Graf Reuß, während 
beim Kriegsrate an jenem denkwürdigen 2. September (187 Jahre vor einem 
anderen) die Stimme der sächsischen Generale (durch den Mund des Feld- 
marschalls von der Goltz) den Ausschlag zur Fortsetzung des Kampfes ge- 
geben hatte. :) Wie seinerzeit im französischen Kriege, so hatte persönlicher 
Mut und Tatendrang auch hier den Kurfürsten zu weit in die Reihen der 
Feinde getrieben, und nur der Geistesgegenwart wie Tapferkeit des Obersten 
von Minckwitz ist es zu verdanken, daß er aus augenscheinlichster Lebens- 
gefahr gerettet wurde. Während auf blutiger Walstatt diese Tat aufopfernder 
Treue gebührende Anerkennung fand, wiederholte sich auf der großen diplo- 
matischen Bühne der Völkergeschicke ein anderes Spiel. Der Kurfürst von 
82) Helltönend erklang überall der Sachsen und ihres kurfürstlichen Führers hoher 
Kriegsruhm, der von allen Nationen neidlos anerkannt wurde. Geradezu sichtbar ent- 
zündete sich an der Flamme kriegerischer Begeisterung des Heeres Patriotismus und Taten- 
drang der Untertanen. Vaterlandsliebe und Fürstentreue, jenes wohltuend erwärmende 
Herdfeuer des Volkes, wurde um so mehr angefacht, als eine Menge Volkslieder entstanden, 
von denen ein Teil des einen folgendermaßen anhebt: 
„Ihr Sachsen seid froh, habt fröhlichen Mut, 
Es wallet vor Freuden kursächsisches Blut. 
Denn unser Herr Kurfürst, der tapfere Held, 
Hat seine Courage bewiesen im Feld. 
Laßt wacker kursächsische Stücke da knallen, 
Granatiere, werft Eure feurigen Ballen 
Wohl in das türkische Lager hinein. 
Wollen allzeit unfres Kurfürsten Sachsen sein.“
	        
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