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Sachsen erntete für seine hervorragende Beteiligung an der Rettung Deutsch—
lands und insbesondere des am Rande des Verderbens befindlich gewesenen
Osterreich keinen Dank vom Kaiser Leopold. Nach der Rückkehr des Kur-
fürsten in das Vaterland wurde ein allgemeines Dankfest abgehalten, ein
schöner Abschluß der kriegerischen Ereignisse, zu denen die Sachsen mit ihrem
Kurfürsten an der Spitze abgerückt waren, nachdem in einer allgemeinen
Betstunde diese Christen sich auf den schweren Waffengang mit den Un-
gläubigen vorbereitet hatten. Rat und Bürgerschaft der Residenz aber er-
richteten dem siegreichen Helden das Brunnendenkmal mit dem Standbilde
der Siegesgöttin auf dem Neumarkte zu Dresden, welches noch jetzt auf
diesem Platze steht.“,)
Bereits bei der Schilderung Johann Georgs des Ersten ist darauf
hingewiesen worden, daß der dritte dieses Namens — der sächsische Mars —
als Schöpfer der endgültigen Grundformen des sächsischen Heeres zu be-
trachten ist. Mit freudigem Stolze, den Vorsatz ruhmwürdiger Nacheiferung
in der Brust ihrer Angehörigen, verfolgen die meisten der säechsischen
Regimenter ihre Geschichte bis zu den Tagen von Wien und über dieselben
hinaus. Sechs Regimenter Infanterie, sechs Regimenter Kavallerie, sowie
zwei Kompagnien Haus= und Feld-Artillerie wurden geschaffen und der
Grund zum adeligen Kadettenkorps, zum Generalstab sowie zum Kriegsrats-
kollegium gelegt. Für alles dies forderte Johann Georg, nachdem er die
bereits vorhandenen Truppen entsprechend reorganisiert hatte, die Summe
von jährlich einer Million Taler, die Stände bewilligten indes deren nur
70000. Die Armeeschöpfung betreffend, so bildet den Stamm des jetzigen
Leibgrenadierregiments das im Jahre 1663 unter dem Oberstleutnant Brandt
von Lindau gegründete kurfürstliche Leibregiment zu Fuß, denjenigen des
jetzigen Gardereiterregiments das — aus den Kompagnien der bereits 80
bis 100 Jahre alten, von Johann Georg III. aber behufs Neuformierung
aufgelösten teutschen Leibgarde zu Roß — und weiteren Anwerbungen
zusammengesetzte Regiment zu Roß Graf Promnitz, dessen Errichtung 1680
durch Ordre vom 31. Oktober verfügt worden ist.
Bei der großen Musterung der neugeschaffenen Armee im Jahre 1682
traten — außer der Trabantenleibgarde zu Roß zu 172 Pferden (nachmals
Garde du corps) und der zu Fuß zu 65 Mann (nachmalige Schweizer-
garde) — die Kavallerie-Regimenter in der durchschnittlichen Stärke von
600 Pferden, die Infanterie-Regimenter in einer solchen von 1200 Mann,
die Haus= und Feldartillerie mit 145 Mann auf den Plan. An die Spitze
s3) Das große Prachtzelt Mustaphas, welches die Truppen Johann Georgs den Janit-
scharen abgenommen haben, befindet sich als sprechende Dekoration eines Raumes im
Historischen Museum. Es ist außer zwei Koran-Exemplaren in der Königlichen Bibliothek
das einzige nennenswerte Stück der Türkenbeute unserer Landsleute. Dieselbe war für die
Sachsen um so kleiner und geringfügiger gewesen, als deren Pflichtgefühl und Gehorsam
sie zur Verfolgung der Geschlagenen gerufen hatte, anstatt der reichen Schätze sich zu be-
mächtigen, welche das Türkenlager enthielt.