Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Gegenteil erkaltete dadurch das bisher freundschaftliche Verhältnis zwischen 
Wien und Dresden. Für sein Land hat Johann Georg IV. nicht viel 
getan, was als besonders hervorgehoben werden könnte. Schon als kaum 
Erwachsenen verzehrte den jungen Fürstensohn in glühender Leidenschaft die 
unrechtmäßige Liebe zu Magdalena von Neitschütz, Tochter des Obersten der 
kurfürstlichen Leibgarde. Und als man ihm dann auf Betrieb seiner Mutter, 
die verwitwete Markgräfin Eleonore von Ansbach, Tochter des Herzogs von 
Sachsen-Weimar als ebenbürtige Gemahlin zur Ehe gab,“"") faßte er den 
Entschluß, nach dem Muster des Landgrafen Philipp von Hessen, mit der 
Neitschütz, die inzwischen auf sein Bitten vom Kaiser zur Gräfin von Rochlitz 
erhoben worden war, eine Doppelehe einzugehen. 
Bevor indessen sein Plan zur Verwirklichung gelangen konnte, ward 
Magdalena von Reitschütz beziehungsweise die Gräfin von Rochlitz von den 
Blattern befallen und starb.-#) 
Als versöhnendes Moment muß übrigens die wirklich rührende Liebe, 
Aufopferung und Treue gerühmt werden, die den Kurfürsten voller Selbst- 
verleugnung an das Krankenbett der Geliebten bannte. Angesteckt von der 
tückischen Krankheit, folgte Johann Georg nur wenige Wochen nach dem 
Tode der Neitschütz, die von vielen seine Verführerin genannt wird, der- 
selben nach; am 24. April 1694. Er war der letzte seines Stammes, der 
in der Fürstengruft zu Freiberg beigesetzt worden ist. 
Kulturgeschichtliches. 
IV. 
Stolz wirft das federgeschmückte Streitroß sich in den Nacken, welches 
den in Eisen gekleideten Kriegshelden Moritz zu tragen auserwählt ist und 
diese Ehre, nach bekannter Pferdeart, voll und ganz zu würdigen weiß. 
S1) über die Art des Empfanges dieser fürstlichen Braut seitens des jungen Kurfürsten, 
der sich nicht scheute, derselben am Arme seiner Geliebten entgegenzutreten, herrschte allgemein 
helle Entrüstung. „Selten“, schreiben die Chronisten hierauf bezüglich, „wird eine Ehe von 
Anbeginn an so unglücklich gewesen sein, wie diejenige, welche heute der Hofprediger Karpzow 
eingesegnet hat.“ 
s5) Nicht ohne Grund wird von der „steilen Höh'“ gesungen, auf welcher „Fürsten 
stehn". In Bezug auf die Liebe, die — einem Götterfunken gleich — die Herzen 
entzündet, mag diese steile Höhe sogar eine sehr einsame und schwindelnde sein. Sie 
verlangt unbestritten ein großes Maß von Selbstbeherrschung, ja Selbstaufopferung von 
demjenigen, der auf ihr stehend Umschau hält und über viele erhaben ist. Die Pflicht ist 
es dann, die der geheiligten Sitte, der festgefügten Tradition, das Opfer der Entsagung 
bringen muß. 
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