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Ja, unstreitig haben diese klugen tierischen Genossen des Menschen ein
feines Gefühl für berechtigten Stolz und wahre Vornehmheit.
Die eiserne Roßstirn, jenes einst so wichtige Stück der Pferderüstung,
ist, wie das Gemälde zeigt, seiner wehrhaften kriegerischen Urbestimmung
mehr und mehr enthoben worden und ihr überrest zum bloßen Träger des
Federschmuckes zusammengeschrumpft. Ähnlich — und wie man in solchen
Fällen, um durch den Vergleich nicht zu beleidigen, hinzuzusetzen pflegt
„Sans comparaison“ — ist es im Verlaufe der Zeiten dem uralt ritter-
mäßigen Rüststück des Brustharnischs ergangen. Nachdem derselbe im
18. Jahrhundert zum bloßen Prunkstück der Generale geworden war, zog
er sich (abgesehen von den noch jetzt existierenden Kürassen der Kürassiere
— die neuerdings aber auch nur noch zu Paraden angelegt werden) Anfang
des 19. Jahrhunderts in den Ringkragen der Offiziere zurück und findet
heutigentages in den kargen Metallstreifen auf den Schultern — den
Epauletten und Achselstücken — den letzten Rest seines Ausläufers. Daß
die blutgetränkte Feldbinde des Kurfürsten Moritz, zusammen mit der
lleinen Kugel, die dem großen Manne den Tod brachte, in der Rüstkammer
des Königlichen Historischen Museums zu Dresden pietätvoll aufbewahrt
wird, ist schon erwähnt worden. Gerade weil aber jene Feldbinde als
teuere Reliquie für die treuen Sachsen eine solch historische Rolle spielt,
muß es als außerordentlich feinfühlig vom ausführenden Künstler bezeichnet
werden, daß derselbe gerade den Kurfürst Moritz als Ersten auftreten läßt,
der ein solches feldmäßiges Abzeichen um die Schultern geschlungen hat.
Denn schon in viel früheren Zeiten waren Feldbinden üblich. Während
dieselben aber bisher, frei nach Gutdünken und persönlichem Geschmack des
jeweiligen Trägers, eine Farbe haben konnten, welche sie wollten (nur also
als Schmuck und nur nebenbei als ein unbewußtes Erkennungszeichen der
Person dienend), ändert sich dieser individuelle Gesichtspunkt in den Zeiten
der Reformation mit dem offensiven und öffentlichen Auftreten gegensätzlicher
Richtungen. Die Parteien, namentlich wenn dieselben in einem Lande
und eine jede demselben Vaterlande angehörig, einander entgegentraten,
mußten darauf bedacht sein, erkannt zu werden. Im Schmalkaldischen Kriege
trugen die Protestanten gelbe, die Katholiken rote Feldbinden. Diese
Parteiabzeichen wurden ein um so notwendigeres Erfordernis, je öfter es
vorkam, ja zur traurigen Regel wurde (die den Vaterlandsfreund mit un-
endlicher Betrübnis und tiefem Weh erfüllt), daß nicht nur Angehörige
eines Volkes, sondern auch Glieder eines Geschlechtes, einer Familie —
durch verschiedenes Glaubensbekenntnis getrennt — einander feindlich gegen-
überstanden und — — — stehen. Möchte man doch einmütig den gemein-
samen Feind gemeinsam bekämpfen und die Zwietracht bannen, die ebenso
lähmend wirkt, wie sie unnötig ist. Man wolle nicht mit Eifer suchen, was
Leiden schafft, sondern mit Freuden ergreifen, was Frieden gewährt, Stärke
in der Einheit verbürgt und Wohlsein des Ganzen wie des Einzelnen
erzeugt.