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Während übrigens die Kaiserlichen des dreißigjährigen Krieges die rote
Feldbinde beibehielten, nahmen Schweden und Protestanten eine grüne an.
(Ob dieselbe vielleicht aus einer ethischen Mischung von blau und gelb
hervorgegangen ist???) Leider wurde neuerdings im deutschen Heere die
Feldbinde der Offiziere, die zuletzt den reglementsmäßigen Namen Schärpe
führte, unter die nur bei besonderen Gelegenheiten anzulegenden Galastücke
verwiesen. (Sie besteht aus Silbergespinst mit eingepflochtenen Farben der
Bundesstaaten.)
In sehr richtigem, auch äußerlich durch die Tracht zum Ausdruck ge-
langenden Gegensatz zu Moritz dem Kriegshelden, den schon der kleine
mehr Kommandostab wie Waffe darstellende Streithammer als Feldherren
kennzeichnet, reitet auf sanftem wenn auch starkem Schimmel sein Bruder
August — der Friedensfürst. Dessen Kleidung entspricht dem Typus der
Kostümierung im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts, der lange Zeit alles
beherrschenden spanischen Tracht. Diese Tracht ist schon um deswillen nicht
ohne Interesse, weil sie, wenn man so sagen darf, die geistige positive wie
negative Entwickelung der pyrenäischen Halbinsel auf die Kleidung über-
tragen, andeutet. Sie brachte das Übergewicht spanischen Fühlens und
Denkens auch in den übrigen Ländern Europas zum Ausdruck, welche diese
Kleidung acceptierten.
Auch in Spanien, jener dépendance von Karl des Fünften Welt-
macht, hatte sich — durch die Reformation angefacht und der Melodie des
Liedes entsprechend, welches die Wittenberger Nachtigall gesungen hatte und
nirgends ohne Eindruck geblieben ist — eine Bewegung bemerkbar gemacht,
die gegen die alten Ordnungen sich auflehnen wollte. Die Gerechtigkeit ge-
bietet es anzuerkennen, daß dieses im Keime erstickte Bestreben nach größerer
Gedankenfreiheit damals von dem scharfen Gifte der sogenannten Frei-
denkerei mit ihrem abscheulichen und verderblichen Grundsatze ni Dieu ni
maistre sich weit entfernt zu halten bestrebt war. Jenes Aufflackern,
welches in Spanien unterdrückt wurde, noch ehe Flammen sich Bahn ge-
brochen hatten, entsprach — vorläufig wenigstens und soweit man es be-
urteilen kann — nur einem gerechtfertigten Bedürfnisse nach freierer Regung
in der Menschenbrust, welche, bei aller nötigen und löblichen Unterwürfigkeit
unter Kirche und Dogma, doch notwendig und erforderlich ist, wenn große
selbständige, der Menschheit dienende Charaktere aufkommen sollen. Wo
das an sich berechtigte Streben nach Freiheit der Gewissen, sei es in ab-
sichtlicher und aggressiver, sei es in unabsichtlich mißverstandener Weise, zu
einem ungerechtfertigten und ungestümen Drange nach Autoritätslosigkeit,
nach Abwerfung aller Disziplin und Unterordnung sich auswuchs, wo der
leise fächelnde Hauch zum rasenden, tosenden, umstürzenden Sturm, zum
alles vernichtenden Orkan auszuarten drohte, ist ihm mit Fug und Recht
energisch entgegengetreten worden. Da, wo sein Wehen ein lindes und be-
ruhigendes blieb, wohltuende Erfrischung an Stelle beängstigender Schwüle
bringend, ward er mit Unrecht seiner Lebensfähigkeit beraubt. Wo Freiheit
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