Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Symbol der Hohlheit und Aufgeblasenheit. Mitsamt ihren Folgerungen und 
Ausläufern hat sie lange genug die Welt unter ihrem Szepter gehabt. 
Es konnte nicht anders sein, als daß die Perücke die freie Bewegung 
beschränkte und den Kopf zur Einnahme einer steifen Haltung zwang. Das 
aber war vornehm und galt gleichzeitig als ein Zeichen von Gelehrsamkeit. 
Zur Herstellung einer wirklich kunstvollen Perücke gehörte eine un— 
verhältnismäßig große Menge feinen Menschenhaares. Der Preis einer 
solchen, die gewöhnlich blond oder braun war, belief sich auf rund tausend 
Taler, und der Hof-Perüquier des Sonnenkönigs, Binnet, konnte mit Recht 
vielbedeutend sagen, er mache die Köpfe der Untertanen kahl, um den Kopf 
des Monarchen zu bedecken. Das Pudern kam erst mit dem beginnenden 
18. Jahrhundert auf. Mit der Allongeperücke hängt übrigens, wie auch 
das vorliegende Gemälde zeigt, die Sitte zusammen, Halstücher zu tragen, 
die sich dann teilweise zu den bekannten Spitzen-Jabots ausgestalteten. Zu 
den Tüchern wurden gar bald die kostbarsten Nadeln mit schönen wie un— 
schönen Knöpfen und Köpfen, Emaillen und Perlen eingeführt. Eins bringt 
immer das andere mit sich. 
Es erübrigt nun noch des Marschallstabes oder Kommandostabes zu 
gedenken, der von Johann Georg dem Zweiten wie von seinem Nachfolger 
getragen wird und seitdem sehr häufig in den Händen von Fürsten Wettin— 
schen Stammes erscheint. Der Ursprung dieses Befehlshaberzeichens ist sehr 
alt und beruht auf dem ganz natürlichen Bedürfnis des Leiters einer Aktion 
(gleichviel ob größerer oder kleinerer Art) mit mehr als nur der bloßen 
Hand nach dieser oder jener Richtung zeigen zu können, ohne sich hierbei 
des Degens oder Schwertes bedienen zu müssen. Nachdem sich auf diese 
Weise der Stab (als hierzu am meisten geeigneter Gegenstand) in der Hand 
des Feldherren zu einem Abzeichen von dessen Würde ausgebildet hatte, 
ward derselbe den Kommandierenden — erst als Installation ihres Amtes, 
später als eine Belohnung und Auszeichnung — förmlich und feierlich 
übergeben.“!) 
Der unmittelbar hinter der Johann-Georgen-Gruppe einherschreitende 
Defensioner wird durch das an seiner Hellebarde angebrachte Wappen als 
dem Geschlechte von Naundorff angehörend bezeichnet. 
1) Manche wollen den Stab des Feldherren mit demjenigen des Richters in Zu- 
sammenhang bringen, der nach uralter Sitte von letzterem, zum Zeichen, daß das ver- 
kündete Urteil zu vollstrecken und als ein Hinweis darauf, daß das Leben des Angeklagten 
verwirkt sei und der Vernichtung anheimgefallen, zerbrochen wurde. Doch dürfte dieser 
Hinweis auf die Verschmelzung der strategisch-taktischen Tätigkeit des Feldherren mit dessen 
organisatorisch-juristischen wohl etwas weit gesucht sein. Ja, wenn man in anknüpfenden 
Betrachtungen so weit gehen will, scheint es immer noch näher liegend, darauf aufmerksam 
zu machen, daß der Stab im übertragenen Sinne, das heißt der lebendige Stab des Be- 
fehlshabers, nämlich dessen Adjutanten, Ordonnanzen und übriges Personal als aus dem 
leblosen Stabe herausgewachsen, als eine Ergänzung des Stabes von Metall oder Elfen- 
bein wohl zu betrachten sein dürfte.
	        
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