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aber Frieden schloß. August ward als König von Polen wieder anerkannt,
mußte aber dem entthronten Stanislaus Leszczynski (späteren Herzog von
Lothringen und Schwiegervater Ludwigs XV. von Frankreich) eine Million
Taler als Schmerzensgeld auszahlen. Auch behielt Stanislaus den Titel
König bis an sein Lebensende. Segen und Glück hat übrigens August
dem Starken die Krone von Polen zu keiner Zeit gebracht, ja es muß als
Tatsache gelten, daß dieser ehrgeizige Wettiner als Kurfürst von Sachsen
bedeutend mächtiger war, wie als „König von Polen, Großherzog in Lithauen
zu Reusen, in Preußen, Mazovien, Samogitien, Kyovien, Volhinien, Podolien,
Podlachien, Livland, Smolenscien, Severien und Zschernicovien“. Der
weiße polnische Adler und der weiße lithauische Reiter im quadrierten roten
Felde waren zu dem Wappen von Kursachsen hinzugetreten, ja spielten eine
bedeutende Rolle. Und die polnische Farbe weiß-rot zeigte sich nicht nur
in den Feldbinden und bei Uniformsverzierungen der polnisch-sächsischen,
sondern auch der sächsisch-polnischen Offiziere. Der Schwerpunkt von Macht
und Ansehen blieb im Erbland Sachsen haften, und die unverhältnismäßig
großen Opfer, die Friedrich August der Erste August dem Zweiten brachte,
der Kurfürst von Sachsen dem Könige von Polen, standen durchaus nicht
im Einklang mit den Erfolgen, die erhofft gewesen waren.
Auch das im Juni 1730 zu Ehren des Königs von Preußen und
dessen Sohnes Friedrich veranstaltete, durch den Besuch von 49 fürstlichen
Personen ausgezeichnete, große Lustlager von Zeithain, welches durch die
Stärke von 30 000 Mann in der Front (eine für damalige Zeit fast un-
erhörte Leistung) Sachsens Ungebrochenheit dem Auslande vor die Augen
führen sollte,) vermochte, trotz der dabei entwickelten ganz außerordent-
99) Entstanden war die Idee dieses großartigen militärisch-politischen Schauspieles, bei
welchem die paradierende und manöverierende kursächsische Armee die unverhohlene An-
erkennung aller Kulturstaaten fand, dadurch, daß Friedrich August eine Heerschau Friedrich
Wilhelms auf dem Tempelhofer Felde übertrumpfen wollte, zu welcher 16 000 Mann
ausgerückt waren und von dem ihm der Gesandte von Suhm berichtet hatte. über die
Evolutionen und Manöver der 30 000 Mann, durchweg in neue, kostbare Uniformen ge-
kleideten kursächsischen Truppen, existiert ein großes, reich illustriertes, hochinteressantes
Werk. Kommandant des Lagers war Feldmarschall Graf Wackerbarth. Das Terrain war
vorher durch Ingenieuroffiziere unter Leitung des Majors Pöppelmann, vermessen worden,
ganze Waldungen abgetragen und vierzig Brunnen zur Wasserversorgung angelegt. Nicht
uninteressant für die damaligen, dem Landsknechtstume zwar längst entrückten, aber doch
noch nicht ganz entfremdeten Verhältnisse dürfte ferner die Bemerkung sein, daß, „um den
Troß zu verkleinern“, von jeder Reiterkompagnie und von jedem Infanteriebataillon nur 8
beziehungsweise 10 Soldatenweiber die Truppen ins Lager begleiten durften. Außer den
Garden und eximierten Korps (Chevalier-Garde, Garde du corps, Karabinier-Garde,
beritten; Schweizergarde, Kadetten und Grandmousquetairs, zu Fuße) standen 9 Regimenter
Kavallerie und 14 Infanterieregimenter in Parade, die Artillerie mit 72 Geschützen. Aber
auch dem weniger kriegerischen Teile der Veranstaltung war in überreichem Maße Rechnung
getragen worden. An dem Feuerwerksgerüste, zu welchem rund 200 Baumstämme, weit
über 2000 Bretter und 6000 Ellen (rund 3400 m) bemalte Leinwand verwendet worden
sind, hatten 200 Zimmerleute mehrere Monate hindurch gearbeitet. Es sei noch erwähnt,
daß der zum Nachtisch gegebene Kuchen, der auf einem eigens dazu konstruierten achtspännigen