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Feindes Bajonetten, sondern mit dem Hunger und den äußersten Ent—
behrungen zu bestehen gehabt hatten, dennoch und trotzdem auf die sie über—
nehmenden Preußen einen vorzüglichen Eindruck gemacht haben, geht unter
anderem aus der Schilderung eines Augenzeugen hervor, der in der „Geschichte
der preußischen Garde du corps von Schöning“ sich folgendermaßen aus-
läßt: „Ich habe, so lange ich lebe, weder bei uns noch anderwärts etwas
Schöneres gesehen, als die vier Escadrons sächsischer Garde du corps.
Trotzdem Mannschaften und Pferde aufs äußerste ermattet sind, kann man
von ihnen keine Beschreibung machen, weil sie keinen anderen Truppen in
der Welt ähnlich sehen. Auch die übrige sächsische Armee ist schön und hat
gute Haltung.“ — Die kurfürstlichen Kassen waren schon vorher mit Beschlag
belegt und das ganze Zeughaus mit allen Vorräten und 250 Kanonen aus-
geräumt worden. Dies waren die Einleitungen zu dem dritten schlesischen
oder siebenjährigen Krieg.
Die Offiziere wurden kriegsgefangen abgeführt; die mit Gewalt in
preußische Regimenter gesteckten sächsischen Landeskinder aber desertierten
massenweise, um sich ihrem Kurfürsten wieder zur Verfügung zu stellen.
Besonders zeichnete sich hierbei der umsichtige, unerschrockene Sergeant
Richter aus, unter dessen geschickter Führung die Entwichenen und Wieder-
vereinten anstrengende Gewaltmärsche machten, um sich unter die Befehle
des Prinzen Kaver (eines Sohnes des Kurfürsten) zu begeben, der die
französischen Dienste aufgebend, in denen er maréchal de camp war, zu
diesem Zwecke über die Grenze eilte. Feldwebel Knabe führte ein ge-
schlossenes, wenn auch waffenloses Bataillon in musterhaftester Ordnung
nach Warschau. Diejenigen vier sächsischen Reiterregimenter, welche, weil
in Polen abwesend, in der Kapitulation nicht mit inbegriffen waren, zeich-
neten sich bei Kolin (18. Juni 1757) hervorragend aus, in welcher Schlacht
Friedrich II. geschlagen wurde. Inzwischen waren auch Frankreich und Ruß-
land sowie die meisten deutschen Staaten gegen Preußen aufgestanden.
Die Franzosen samt der Reichsarmee schlug Friedrich bei Roßbach, die
Russen bei Zorndorf. Gegen die Österreicher war er insbesondere bei
Leuthen siegreich. Nachdem der österreichische Feldmarschall Daun durch
den Überfall bei Hochkirch (zwischen Löbau und Bautzen) in der Nacht vom
13. auf den 14. Oktober 1758 den Preußen eine empfindliche Niederlage
beigebracht hatte, machte er den Versuch, das von preußischen Truppen
besetzte Dresden zu befreien. Er gab diesen Plan auf, weil der preußische
General von Schmettow, der bereits die schönen Dresdner Vorstädte hatte
einäschern lassen, ihm sagen ließ, er werde, sobald sich die Österreicher vor
den Toren zeigen sollten, die ganze Stadt Dresden, einschließlich des kur-
fürstlichen Schlosses, unweigerlich und unbarmherzig in einen Trümmerhaufen
verwandeln. Die von den Österreichern und Russen gewonnene Schlacht
bei Kunnersdorf am 12. August 1759 veranlaßte den Abzug Schmettows
und Dresden ward von den SÖsterreichern besetzt. Letzteren gelang es auch,
unter General Daun ein unter dem Befehle des Generals von Fink